Unterstützung erhofft sich die Regierungschefin von einem Briefwechsel mit der EU-Spitze, in dem Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk eine Reihe von Zusicherungen zum Brexit-Abkommen geben. Diese sollen helfen, noch zweifelnde Abgeordnete zu überzeugen. Ob dies gelingt, galt als höchst fraglich. Gleichzeitig bereitet sich die EU einem Zeitungsbericht zufolge auf eine Verschiebung des Brexits bis mindestens Juli vor. Derzeit ist der 29. März das offizielle Austrittsdatum.
May sagte, es gebe einige Abgeordnete, die jedes Mittel nutzten, um den Brexit zu verzögern oder gar zu verhindern. Eine Ablehnung des Abkommens mit der EU würde nach ihrer Einschätzung zu einer Lähmung des Parlaments führen mit dem Risiko, dass es gar keinen Brexit geben werde. Am Sonntag hatte sie für diesem Fall katastrophale Folgen für die Demokratie und einen Aufschwung der Rechtspopulisten vorhergesagt.
Das Unterhaus setzt am Montagnachmittag die Brexit-Debatte fort. Zu deren Beginn wird May nach Angaben aus Regierungskreisen gegen 16.30 Uhr (MEZ) eine Erklärung abgeben. Die Abstimmung ist für Dienstagabend angesetzt.
EU-SPITZE VERSUCHT, MAY DEN RÜCKEN ZU STÄRKEN
Juncker und Tusk versuchten, May mit einem Brief den Rücken zu stärken. Darin bekräftigen sie die Zusagen der Union, ohne allerdings Änderungen am Vertragsentwurf zu machen. Die EU werde alles dafür tun, damit bis Ende 2020 eine Handelsvereinbarung zustande komme und die umstrittene Nordirland-Notfalllösung vermieden werde, schrieben sie. Dieser sogenannte Backstop soll verhindern, dass zwischen der britischen Provinz Nordirland und dem EU-Mitglied Irland wieder eine harte Grenze entsteht. Dies könnte aber zu einer vorübergehenden Handelsgrenze zwischen Großbritannien und Nordirland führen. Dieser Backstopp solle vermieden werden, schrieben Juncker und Tusk. Wenn dies nicht möglich sei, solle er nur für begrenzte Zeit wirksam werden.
May bewertete den Brief als wertvolle Zusicherung der EU zum Brexit-Abkommen. In einem Brief an Juncker und Tusk schrieb sie, die Sorgen einiger britischer und EU-Politiker hinsichtlich der Nordirland-Auffanglösung sei vollkommen unbegründet. In Stoke erklärte sie, der Brief der EU-Spitzen gehe zwar nicht so weit, wie manche Abgeordnete erwartet hätten. Er habe aber Rechtskraft. Die Abgeordneten aus Nordirland sehen dies aber anders: "Der Brief ist rechtlich nicht bindend", sagte der Vizechef der nordirischen Partei DUP, Nigel Dodds. Er reiche nicht aus, um das britische Parlament zu überzeugen. Die EU sei nicht bereit das zu tun, was nötig sei, um die Unterstützung des Unterhauses für das Brexit-Abkommen zu gewinnen.
ANGEBLICH VORBEREITUNG AUF BREXIT-VERSCHIEBUNG
Die Zeitung "The Guardian" berichtete unter Berufung auf mehrere EU-Vertreter, der 29. März werde in Brüssel angesichts der starken Vorbehalte des Parlaments mittlerweile als sehr unwahrscheinlicher Austrittstermin angesehen. Eine "technische" Verlängerung des Austrittsprozesses bis Juli sei demnach ein wahrscheinlicher erster Schritt. Dieser würde May Zeit geben, das Abkommen zu überarbeiten und eine Mehrheit dafür zu sichern. Sollte May "uns mitteilen, dass sie mehr Zeit braucht, um das Parlament für einen Deal zu gewinnen, wird eine technische Verlängerung bis Juli angeboten", zitiert die Zeitung einen EU-Vertreter.
rtr