Empfänger des May-Schreibens ist EU-Ratspräsident Donald Tusk, der am Donnerstag und Freitag den EU-Gipfel in Brüssel leitet. Die Staats- und Regierungschefs der anderen 27 EU-Länder müssen den Aufschub alle billigen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in Berlin, sie werde bis zur letzten Stunde für einen geregelten Brexit kämpfen. Ohne eine klare britische Position der Briten könne es aber keine EU-Entscheidung über die Verschiebung des Austritts geben. "Wir werden jetzt sehen, was Theresa May uns sagt, was ihre Wünsche sind", erklärte sie mit Blick auf den Gipfel. "Dann werden wir versuchen, darauf zu reagieren."
EU-MINISTER UNGEDULDIG
In der EU wächst unterdessen der Unmut über die Hängepartie mit Großbritannien. "Die Ungewissheit ist inakzeptabel", sagte die französische Europa-Ministerin Nathalie Loiseau in Brüssel. Dort drängte auch Deutschlands Europa-Staatsminister Michael Roth zur Eile. "Liebe Freunde in London, bitte liefert. Die Uhr tickt." Der schwedische EU-Minister Hans Dahlgren forderte Signale aus London, wie der Prozess zu einem Ende gebracht werden soll. "Wir haben in der EU mit einer ganzen Menge anderer Dinge zu tun. ... Lasst es uns anpacken." Auch die rumänische EU-Ratspräsidentschaft verlangte eine eindeutige Position der Briten. "Offenkundig gibt es keine Klarheit, heute noch weniger als gestern", klagte der rumänische EU-Minister George Ciamba in Brüssel.
Krisenstimmung herrscht in der britischen Regierung, die von der Entscheidung von Parlamentspräsident John Bercow kalt erwischt wurde. Er will nach den zwei Abstimmungsniederlagen Mays nur noch eine substanziell veränderte Version des Ausstiegsvertrags zum Votum zulassen. Die Regierung suchte am Dienstag nach Wegen, um eine entsprechende Unterhaus-Regelung zu umgehen. "Das ist ein Moment der Krise für unser Land", räumte Brexit-Minister Steve Barclay ein. Durch Bercows Entscheidung liege die Latte nun höher, und eine Abstimmung noch in dieser Woche sei weniger wahrscheinlich. Die Regierung überprüfe aber Optionen, die ein drittes Votum doch noch ermöglichen könnten. Dies könnten veränderte Umstände wie mehr Unterstützung der Abgeordneten oder eine Brexit-Verschiebung sein, so Barclay.
rtr