Bastei Lübbe hat sich in den vergangenen Monaten von Grund auf verändert. Nachdem wir zur Aktiengesellschaft geworden waren, haben wir im Oktober 2013 gleich den Sprung aufs Börsenparkett gewagt. Bastei Lübbe, ein klassisches mittelständisches Unternehmen, geht an die Börse - in anderen Ländern wäre dies wohl nur eine Randnotiz gewesen. Denn die IPO-Pipelines in Großbritannien oder den USA sind gut gefüllt. Nicht so hierzulande: Unsere Verlagsgruppe gehört zum Kreis nur einer Handvoll Unternehmen, die den Schritt tatsächlich realisiert haben.
Die Scheu insbesondere mittelständischer und unternehmergeführter Gesellschaften vor dem Parkett ist groß. Schon seit vielen Jahren trauen sich nur ganz wenige Unternehmen an den Markt. Hierfür sind mehrere Punkte ausschlaggebend. So bedeutet ein Börsengang, dass sich Unternehmen dem Kapitalmarkt und damit einer breiteren Öffentlichkeit gegenüber öffnen müssen. Viele Informationen, die bis dato der Geschäftsleitung vorbehalten waren, müssen nun kommuniziert werden. Diese Transparenzanforderungen zu erfüllen und zugleich durch die Ausgabe von Stammaktien einen Teil des Gestaltungs- und Kontrollanspruchs abgeben zu müssen fällt vielen sehr schwer.
Gleichzeitig steigt durch die Börse der administrative Aufwand im Unternehmen. Der Bereich Investor Relations muss aufgebaut werden; die formalen Ansprüche der Börsenordnung und der Gesetze zu erfüllen und alle Quartalsberichte, Ad-hoc-Erfordernisse oder Finanzberichte exakt und zeitgerecht zu publizieren, ist durchaus anspruchsvoll. Ganz zu schweigen von den Mehrkosten, die für Personal und Transparenzpflichten anfallen. Zugegeben: Auf den ersten Blick wirken die vielen Anforderungen durchaus etwas abschreckend auf Unternehmen, die sich mit dem Gedanken tragen, an die Börse zu gehen. Aber: Als Medien- und Verlagshaus fällt uns der Umgang mit der breiten Öffentlichkeit vielleicht per se viel einfacher. Daher war es für Bastei Lübbe letztlich keine Frage, dass wir an die Börse gehen wollten.
Zumal: Den beschriebenen zusätzlichen Kosten und Anforderungen stehen für uns sehr attraktive neue Möglichkeiten am Kapitalmarkt gegenüber. Da ist insbesondere die Möglichkeit der Wachstumsfinanzierung über die Börse. Wir sind ein Unternehmen, das sehr deutlich in neue Medien und neue Verlagssparten investiert. Wir expandieren zudem in neue Märkte. Im vergangenen Jahr haben wir beispielsweise erstmals eine unserer digitalen Romanreihen als E-Book in China angeboten. Die Folge wurde rund eine Million Mal heruntergeladen. Das zeigt, welches Potenzial wir unter anderem in China sehen. Hier wollen wir investieren, um noch kräftiger zu wachsen.
Der Gang an den Kapitalmarkt bietet unserem Unternehmen dabei einen idealen Boden. Denn durch die Kapitalerhöhung und die Ausgabe neuer Stammaktien haben wir nun insgesamt 23 Millionen Euro an frischem Eigenkapital eingeworben, mit dem wir umsichtig, aber konsequent in unsere Wachstumsbereiche investieren können. Auch die Tatsache, dass wir unsere gesamte Unternehmensfinanzierung durch den IPO auf eine breite Basis stellen konnten, ist nicht zu unterschätzen. Die Ratingagentur Creditreform hat daraufhin unser Rating von "BBB" auf "BBB+" angehoben. Den ersten Schritt in Richtung Kapitalmarkt und geänderte Unternehmensfinanzierung hatten wir bereits vor zwei Jahren mit der Emission einer Unternehmensanleihe getan. Unsere Mittelstandsanleihe ist seit Oktober 2011 notiert und entwickelt sich gut.
Insgesamt stellte der Börsengang eine große Herausforderung dar. Doch letztlich haben wir alle unsere Ziele erreicht, und bei der Abwägung von Vor- und Nachteilen überwiegen für uns die positiven Aspekte des IPOs ganz eindeutig. Kurz gesagt: Es hat sich gelohnt.
Thomas Schierack
Schierack studierte Jura und Wirtschaft an der Universität Bonn. Seit 1989 arbeitete er als Anwalt, spezialisiert auf Gesellschafts- und Steuerrecht. Seit 2008 ist er beim Lübbe Verlag, inzwischen als Vorstandschef. Hauptaktionär Stefan Lübbe hat in den vergangenen Jahren die Expansion des 1954 gegründeten Verlags durch zahlreiche Übernahmen und die Internationalisierung im Bereich Medien vorangetrieben.