Wer freut sich nicht schon auf sein Gehalt oder seine Rente zum nächsten Monatsersten? Für viele Menschen ist dieser Zahltag auch der Startschuss, sich endlich etwas zu kaufen, worauf sie drei oder vier Wochen warten mussten. Solche Einkäufe gibt es regelmäßig zu Monatsbeginn auch an den Börse. Sie lassen Monat für Monat in den ersten Handelstagen die Kurse steigen.

Lediglich am Monatsanfang investiert zu sein ist deshalb eine Strategie, die als einfach und robust gilt. Das ist auch in der Fachliteratur dokumentiert, zum Beispiel im Buch "Saisonale Börsentrends" ("Seasonal Stock Market Trends"), das Jay Kaeppel 2009 verfasst hat. Vor allem auf die ersten vier Tage kommt es an.

Erfolgreich in Schwellenländern


In den meisten Märkten liegt die Trefferquote der Monatsanfangsstrategien für erfolgreiche Trades bei 55 bis 65 Prozent. Am besten funktionierte sie nach einer Rückrechnung, die BÖRSE ONLINE durchgeführt hat, in Schwellenländern, insbesondere in Russland und Brasilien (siehe Tabelle), aber auch in den übrigen BRIC-Staaten. Weniger gut lief es dagegen in Problemländern der Eurozone wie Italien oder Spanien, deren Aktienmärkte in den vergangenen Jahren eher schwächer tendierten. Obwohl das System selbst dort noch Gewinne abwarf, ist es besser, die Monatsanfangstrategie in starken Aktienmärkten anzuwenden.

Wie die obige Grafik zeigt, ist auch in entwickelten Märkten wie den USA jeder der ersten vier Anfangstage eines Monats im Durchschnitt profitabel. Gründe für den Effekt können zum Beispiel ein erhöhter Mittelzufluss an die Börse zum Monatsende sein, wenn ein Teil der Gehälter und Renten in Sparpläne fließt.

Da Privatpersonen aber in der Regel den Markt selten allein entscheidend beeinflussen können, sind weitere Gründe bei den Großinvestoren und Fondsmanagern zu suchen. Diese wollen zum Monatsende ihre Bilanzen verbessern, indem sie ihre Portfolios aufräumen. Sie verkaufen also vor dem Ultimo schwächelnde Positionen, um dann zu Monatsbeginn gleich wieder in andere Papiere umzuschichten. Dieser Effekt wird auch "Window Dressing" genannt und führt dazu, dass kurz vor Monatsschluss dem Markt Geld entzogen und dann ab dem nächsten Ersten wieder zugeführt wird. Durch diese Effekte gibt es zu Monatsbeginn insgesamt etwas mehr zu investierende Liquidität, was die Kurse im Mittel ansteigen lässt.

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38-Tage-Linie als Verlustbremse

Dieser Monatsanfangseffekt kann mit einem einfachen Handelsansatz ausgenutzt werden. Um höhere Kursrückgänge zu vermeiden, ist dabei allerdings wichtig, nicht im Markt zu sein, falls dieser sich in einem mittelfristigen Abwärtstrend befindet. In Bärenmarktphasen sollte man also besser durch Abwesenheit glänzen.

Den Markttrend bestimmt man am besten mit einem gleitenden Durchschnitt. Als recht zuverlässiger Indikator hat sich die 38-Tage-Linie bewährt. Von Vorteil ist, dass diese als Standardeinstellung in vielen Softwarepaketen vorhanden ist und zudem auf nahezu jeder Finanzwebsite problemlos eingestellt werden kann.

Die Umsetzung mit ETFs oder Zertifikaten ist im Prinzip kinderleicht. Mehr als ein Blick auf den Kalender und den 38-Tage-Durchschnitt ist nicht notwendig: Man kauft immer zum Monatsschluss, falls der Markt sich in einem Aufwärtstrend befindet (gemessen mit der 38-Tage-Linie). Am vierten Tag des neuen Monats wird verkauft, falls man nicht vorher aus dem Markt gehen muss - weil der Chart des gehandelten Index (auf Schlusskursbasis) unter die 38-Tage-Linie gefallen ist. In den meisten Märkten führen die Monatsanfangstrades zu Jahresrenditen zwischen zwei und zehn Prozent (Ausnahme Russland: 13 Prozent!).

Das klingt nicht berauschend, ist aber beachtlich, weil diese Erträge in nur vier Tagen erreicht werden, also in einem kleinen Bruchteil des Handelsmonats. Die restlichen Tage steht das Kapital zur freien Verfügung.

Hebeln erlaubt


Interessant ist die Strategie daher vor allem für risikobereite Anleger, die ihre Investments gern mit Optionsscheinen, K.-o.-Produkten, Futures oder CFDs hebeln. Bei einem Hebel von fünf werden aus zwei bis zehn Prozent Langfristrendite schon zehn bis 50 Prozent. Nachfolgend haben wir die Handelsregeln noch einmal kurz zusammengefasst:

Einstieg: Sie kaufen an jedem letzten Handelstag eines Monats kurz vor Marktschluss einen Aktienindex in Form eines Indexprodukts. Es ist wichtig, dass Sie zu Monatsbeginn schon im Markt sind. Oft sieht der letzte Handelstag des Monats richtig schlecht aus. Kaufen Sie trotzdem, falls der Markt sich über dem gleitenden 38-Tage-Durchschnitt befindet.

Bärenmärkte vermeiden: Gehen Sie keine Position ein, wenn der Markt (am Monatsende) unter dem gleitenden 38-Tage-Durchschnitt liegt!

Ausstieg: Zum Schlusskurs des vierten Handelstags des Monats schließen Sie Ihre Position (Wochenenden oder Feiertage werden nicht mitgezählt, sondern nur Handelstage). Sie steigen aber bereits vorher aus, wenn der Markt (ebenfalls zum Schlusskurs) unter den gleitenden 38-Tage-Durchschnitt fällt.