€uro am Sonntag: Nach Evergrande kam Fantasia, nun scheinen noch weitere Immobilienunternehmen im Reich der Mitte zu straucheln. Droht uns ein chinesisches Lehman?
Vincent Mortier: Nein, es wird vielen Investoren wehtun, aber die chinesische Regierung lässt da sehr bedacht die Luft raus. Einen Crash wird es nicht geben.
Warum sind Sie da so optimistisch?
Erstens haben die Chinesen die Lehman- Krise sehr genau beobachtet und werden deshalb größere Kollateralschäden vermeiden wollen. Zweitens stammt der Großteil der Gläubiger aus China - und häufig sind es staatliche Institutionen. Das Problem ist also leichter beherrschbar, als wenn es unüberschaubare internationale Verflechtungen gäbe. Und drittens sind sie gut vorbereitet. Staats- und Parteichef Xi Jinping hat das Vorgehen ja schon im vergangenen Jahr angekündigt.
Wie das?
Auf dem Volkskongress im Mai 2020 postulierte Xi, dass "Häuser zum Leben und nicht zur Spekulation" sind. Seither gibt es Mietendeckel und Begrenzungen der Höhe von Hypothekenkrediten und Verschuldungsquoten der Immobilienentwickler. Die Regierung kühlt einen überhitzten Sektor der Wirtschaft wieder ab.
Aber man kann sich doch nicht vorstellen, dass das ohne Nebenwirkungen abgeht?
Das sage ich ja auch nicht. Aber der Restrukturierungsprozess wird geordnet ablaufen. Allerdings wird man die Lasten unterschiedlich verteilen. Reiche Chinesen und ausländische Anleihegläubiger und Investoren wird man stärker an den Verlusten beteiligen als private Wohnungskäufer und Privatanleger.
Wird Amundi auch zur Kasse gebeten?
Zum Glück haben wir uns rechtzeitig aus diesem Segment verabschiedet. wr