Kanzlerin Angela Merkel betonte in Tokio, Solidarität und die Bereitschaft zu Reformen seien zwei Seiten einer Medaille. Um Erleichterungen für seine reformgeplagten Bürger zu finanzieren, nimmt Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras unterdessen EU-Geldtöpfe ins Visier.

Die Finanzminister beraten am Nachmittag in Brüssel erneut über die akute Geldnot und das Reformkonzept der Regierung in Athen. Bis Ende April muss sie detailliert darlegen, wie sie das Land wieder für den Kapitalmarkt fitmachen will, um weitere 7,2 Milliarden Euro aus dem laufenden Rettungsprogramm der Euro-Zone und des Internationalen Währungsfonds zu erhalten. Dabei steht sie kurzfristig unter Druck: Noch im März muss ein Kredit über 1,5 Milliarden Euro an den IWF zurückgezahlt werden, im Sommer werden 6,7 Milliarden Euro an die EZB fällig.

Der niederländische Finanzminister Dijsselbloem betonte, die bisherigen Reformvorschläge reichten nicht aus. Ihre bisherigen Überlegungen seien zwar ernsthaft, aber weit davon entfernt, vollständig zu sein.

Auch die Bundesregierung machte klar, dass sie sich nicht zu Beschlüssen treiben lassen werde. Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter sagte im Deutschlandfunk, er rechne noch nicht mit einer Einigung. Noch fehle Klarheit über die Reformabsichten und die Finanzlage des Landes. "Es reicht nicht aus, Briefe mit Unverbindlichkeiten auszutauschen." SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann warnte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung", die Dringlichkeit der Anfrage aus Athen dürfe nicht zu einer vorschnellen Auszahlung führen. "Wirkliche Substanz kann ich in den Reformabsichten noch nicht erkennen."

Merkel sagte nach einem Treffen mit Japans Regierungschef Shinzo Abe: "Wir haben das politische Ziel, dass Griechenland natürlich im Euro-Raum bleibt." Die Euro-Partner müssten zu Solidarität bereit sein und die Griechen zu Reformen: "Hier haben wir mit Sicherheit noch einen gewaltigen Weg zurückzulegen."

Auf Seite 2: SCHRILLE TÖNE AUS ATHEN - GRIECHEN WOLLEN KOMPROMISS



SCHRILLE TÖNE AUS ATHEN - GRIECHEN WOLLEN KOMPROMISS

Am Wochenende hatte der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis rasche Verhandlungen der Eurogruppe über weitere Hilfen angemahnt. Er will unter anderem Steuern auf Internet-Glücksspiel erheben und Bürokratie abbauen. Zudem sollen Amateur-Steuerfahnder Beweise gegen Steuersünder unter Taxifahrern, Handwerkern und Restaurant-Besitzern sammeln.

Belastet werden die Verhandlungen durch schrille Töne aus Athen. Verteidigungsminister Panos Kammenos drohte Berichten zufolge damit, Flüchtlinge nach Deutschland weiterzuschicken, wenn sein Land nicht ausreichend unterstützt werde. Ein EU-Diplomat sagte ironisch, die Regierung in Athen habe über das Wochenende alles getan, um ein "positives Klima" in der Eurogruppe zu schaffen. "Der Außenminister spricht von kulturellem Rassismus, der Finanzminister von einem Referendum, der Verteidigungsminister von Migrantenströmen."

Der frühere Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) legte dem Land den Austritt aus der Euro-Zone nahe. "Mit einem Ausscheiden des Landes aus dem Euro, wie es Finanzminister Schäuble bereits ins Gespräch gebracht hat, bekäme das Land die Möglichkeit, sich mit neuer Drachme währungspolitisch wieder wettbewerbsfähig zu machen", schrieb er in "Bild".

Teil des Reformplanes der griechischen Regierung ist auch, verarmten Griechen mit kostenlosen Lebensmitteln und Strom unter die Arme zu greifen. Die Kosten eines entsprechenden Gesetzes beziffert sie auf 200 Millionen Euro. Am Freitag will sich Tsipras mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu Beratungen über Finanzhilfen für sozial Schwache treffen. Bei dem Gespräch soll es darum gehen, wie EU-Fonds genutzt werden könnten, um die Krise in Griechenland zu bekämpfen.

Nach einer Umfrage für die Zeitung "Efimerida Ton Syntakton" wünschen sich fast 70 Prozent der Griechen in dem Reformstreit einen "ehrenhaften Kompromiss" mit der Euro-Zone. Nur gut 27 Prozent sind nicht zu Zugeständnissen bereit und würden am Ende auch einen Austritt aus dem Euro hinnehmen.

Reuters