Für die privaten Haushalte führte das Niedrigzinsniveau zu beträchtlichen Einbußen bei den Zinseinkünften. Obwohl das in Einlagen, Rentenpapiere und Versicherungen angelegte Vermögen seit 2009 um über 40 Prozent gewachsen ist, reduzieren sich die Zinseinnahmen hieraus auf voraussichtlich 54 Mrd. Euro im laufenden Jahr und damit auf nur noch gut die Hälfte der Zinseinkünfte des Jahres 2009. Die jährlichen Zinseinbußen im Vergleich zum Normalzinsniveau summieren sich nach unseren Berechnungen auf 648 Mrd. Euro in zehn Jahren. Während Sparer unter den niedrigen Zinsen leiden, freuen sich die Kreditnehmer unter den privaten Haushalten über günstige Konditionen. Deren jährliche Zinsersparnisse im Vergleich zum Normalniveau der Kreditzinsen addieren sich inzwischen auf 290 Mrd. Euro. Wenn man die Zinsersparnisse bei den Krediten den Zinseinbußen bei der Geldanlage gegenrechnet, verbleiben Netto-Zinseinbußen von 358 Mrd. Euro. Nutznießer der anhaltenden Niedrigzinsphase ist vor allem auch der Staat, der für neuere Schulden kaum noch Zinsen zahlen muss.
Hatte die Ankündigung der EZB im September letzten Jahres, ihre Netto-Anleihekäufe stufenweise zu beenden, noch Hoffnungen auf ein allmähliches Abklingen der Niedrigzinsphase geweckt, verflüchtigten sich diese bereits wieder um die Jahreswende mit der Abschwächung des Wirtschaftswachstums in Deutschland und Europa. Spätestens mit der aktuellen Verschärfung des Handelskonflikts zwischen den USA und China ist die geldpolitische Normalisierung noch weiter in die Ferne gerückt. Eine Trendwende ist nicht erkennbar. Das Niedrigzinsumfeld bleibt uns auf absehbare Zeit erhalten.
Stefan Bielmeier ist Chefvolkswirt der DZ-Bank.