Erdogan hatte ungeachtet der hohen Inflation noch jüngst niedrigere Zinsen gefordert. Die Notenbank kam diesem Wunsch zwar nicht nach, ließ aber eine Formulierung in ihrem Begleittext fallen, in dem sie zuvor Entschlossenheit zur Fortsetzung einer straffen Geldpolitik bekundet hatte.
"Stattdessen hält sich die Zentralbank die Optionen für die Zukunft nun etwas offener", so Analystin Sandra Striffler von der DZ Bank. Damit dürfte der neue Mann an der Zentralbank-Spitze ihrer Ansicht nach die "sprichwörtliche geldpolitische Quadratur des Kreises" versucht haben, um bei Erdogan nicht gleich in Ungnade zu fallen. Erdogan hatte den Zentralbankchef Naci Agbal im März entlassen, nachdem dieser kurz zuvor den Leitzins von 17 auf 19 Prozent erhöht hatte. Agbals Nachfolger Sahap Kavcioglu ließ zuletzt verlauten, wegen der hohen Inflation müssten die Zinsen hoch bleiben.
Die Währung des südeuropäischen Landes sackte nach dem Zinsentscheid ab, der Dollar verteuerte sich im Gegenzug auf bis zu 8,1556 Lira. Das sind rund 1,1 Prozent. "Wenngleich die Lira mit der heutigen Zinsentscheidung noch mit einem blauen Auge davon gekommen ist, so dürfte die Sorge vor einem perspektivisch wieder deutlich lockeren oder gar zu lockeren geldpolitischen Kurs weiter auf ihr lasten", so das Fazit von DZ-Analystin Striffler.
rtr