von Herausgeber Frank-B. Werner

Überall hören wir in diesen Tagen die Prognosen fürs neue Jahr. Nur eine davon wird wahr - nämlich die, dass das, was der Durchschnitt als Szenario annimmt, so nicht eintreten wird. Erinnern Sie sich noch an die sogenannten Konsenserwartungen für 2014? Die sagten uns jedenfalls nicht, dass die Zinsen global fallen statt steigen würden, dass die Inflationserwartungen und die mittelfristigen Wachstumsprognosen gesenkt werden würden, dass es nicht zu einer harten Konjunkturlandung in China kommen, der Ölpreis sich aber dennoch halbieren und die USA sich einmal mehr als Stehaufmännchen der Weltwirtschaft erweisen würden. So wird auch 2015 einige Überraschungen bereithalten. Darauf vorbereitet zu sein bleibt das A und O für den Anlageerfolg. Besonders wichtig scheint es, die großen politischen Störfaktoren im Auge zu behalten. Die Verfasstheit der EU könnte durchaus von den Wahlen im Vereinigten Königreich im Mai und in Spanien zum Ende des Jahres infrage gestellt werden. Eine erneute Eurokrise wäre dann nicht unwahrscheinlich.

Mit einem wackligen Eurokurs hat das Jahr indes bereits begonnen, denn die Griechen werden am 25. Januar erneut zu den Wahlurnen schreiten. Welche Konstellation auch immer in Athen an die Macht gelangen wird, die Regierenden werden das Reform- und Sparpaket neu verhandeln wollen. Es war deshalb ein kluger Schachzug von Angela Merkel, durchsickern zu lassen, man müsse Griechenland nicht mehr um jeden Preis in der Eurozone halten. Das nimmt der griechischen Verhandlungsposition das Drohpotenzial.

Die erfreuliche Nachricht zum Jahresauftakt: Die Chinesen haben einen Schiedsspruch der Welthandelsorganisation akzeptiert und werden die Exportbeschränkungen für Seltene Erden (Industriemetalle, die beispielsweise für die Produktion von elektronischen Geräten und Batterien unverzichtbar sind) aufheben. Das Reich der Mitte schafft Vertrauen. Aus einem großen wird auch ein ernsthafter Partner der Weltwirtschaft.