Die Gemengelage ist hochexplosiv. Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine spitzt sich beinahe täglich weiter zu. Die Inzidenzzahlen klettern in schwindelerregende Höhen, was an der Börse heute auf die Stimmung drückt, morgen wegen meist relativ milder Krankheitsverläufe von Omikron-Infizierten zum Anlass genommen wird, die Aktien der Impfstoffhersteller aus den Depots zu räumen. Zu allem Überfluss galoppiert die Inflation weiter. Zinserhöhungen in den USA sind längst beschlossene Sache, für Europa erwarten die ersten Experten einen solchen Schritt gegen Ende des Jahres.
Trotzdem sollten wir die Kirche im Dorf lassen. Der DAX ist von etwas über 16 000 auf 15 000 Punkte zurückgefallen. Im Analystenjargon erfüllt das noch nicht einmal die Kriterien einer Korrektur, von der erst bei 20-Prozent-Rückschlägen die Rede ist. Vorher spricht man lapidar von einer Konsolidierung. Wie auch immer die korrekte Terminologie lauten mag, schmerzhaft sind die Kursrückgänge allemal. Aber sie gehören eben zum Börsenalltag, was in den vergangenen Jahren etwas in Vergessenheit geraten ist, weil die Volatilität wegen der Liquiditätsschwemme von einem Rekordtief zum nächsten fiel. Kleinste Rückschläge wurden zum Einstieg genutzt, besonders bei den großen Technologiewerten an der Nasdaq. Die galten früher als extrem riskant und schwankungsanfällig, bis vor Kurzem wurden sie als Anleiheersatz (!) gekauft.
Insofern ist die aktuelle Marktphase nichts weiter als die Rückkehr zur Normalität - oder besser: zur Realität. Während die vorwiegend in Tech- oder gar Meme-Aktien investierten zittrigen Hände aus dem Markt gefegt werden, halten sich lange vernachlässigte Börsenurgesteine wie Allianz, BASF und Co trotz der widrigen Marktumstände recht wacker. In unserer Titelgeschichte stellen wir zwölf deutsche Klassiker vor, die wegen ihrer niedrigen Bewertung und der meist hohen Dividendenrenditen auch in heftigen Marktturbulenzen einigermaßen stabil bleiben dürften. Warum die jüngsten Kursrückgänge der Tech-Aktien langfristig eine Einstiegschance sein könnten, lesen Sie auf den Seiten 14, 52 und 60. Wie es mit den brutal verprügelten Biotech-Werten weitergeht, erklären wir im Branchenreport ab Seite 42.