Der wichtigste Teil der US-Bilanzsaison ist vorbei. Von den (nach Börsenwert) sechs größten Konzernen der westlichen Hemisphäre hat nur einer gepatzt: Meta Platforms, die Mutter der sozialen Netzwerke Facebook und Instagram. Rechnet man den Kurssturz nach Veröffentlichung rückläufger Facebook-Nutzerzahlen auf den Gesamtwert des Unternehmens hoch, gingen innerhalb von Minuten 250 Milliarden Dollar über die Wupper. Etwa dieselbe Summe floss tags darauf in Amazon, nachdem das Internetkauf aus überraschend starke Zahlen gemeldet hatte. Damit bestätigt sich ein über 200 Jahre alter Running Gag, der dem Bankier Amschel Mayer Rothschild (1744 bis 1812) zugeschrieben wird: "Ihr Geld ist nicht weg, mein Freund, es hat nur ein anderer."
Da auch Apple, Microsoft, Alphabet und Tesla überzeugende Zahlen vorlegten und die Erwartungen teils deutlich übertrafen, haben sich die schlimmsten Befürchtungen der Börsianer hinsichtlich einer extremen Überbewertung der großen Technologie-Aktien fürs Erste erledigt. Trotzdem ging es an den Märkten nicht wieder nach oben - weder in den USA noch hierzulande. Zu stark drückt die Zinswende aufs Gemüt. Vor allem die überraschende Ankündigung der Europäischen Zentralbank (EZB), die Nullzinspolitik früher als erwartet zu beenden, schmeckt den Börsianern nicht. Der Kursrutsch nach der Kehrtwende der EZB traf beileibe nicht nur hoch bewertete Technologieaktien, sondern auch Nebenwerte mit moderaten Kurs-Gewinn-Verhältnissen.
Auf Letztere haben wir uns in der Titelgeschichte konzentriert, nachdem wir in der Vorwoche die stark verprügelten Nasdaq-Titel unter die Lupe genommen hatten. Denn sowohl die billionenschweren Techkonzerne als auch niedrig bewertete deutsche Mittelständler werden die laufende Phase der Zinserhöhungen überstehen und ihre Kursdellen früher oder später wieder ausbügeln. Zumindest so lange, wie die Notenbankpolitik die Konjunktur nicht abwürgt. Davon sind wir zumindest in der Eurozone noch weit entfernt - egal, ob die Leitzinsen am Jahresende bei 0,25 oder 0,5 Prozent stehen werden. Insofern können wir die aktuell wackelige Börsenphase beruhigt aussitzen. Mit den richtigen Aktien zumindest.