von Herausgeber Frank-B. Werner

Das geringste Übel dieses Bahnstreiks ist wahrscheinlich, dass einige Mütter am kommenden Sonntag, dem Muttertag, unbesucht bleiben. Ansonsten aber wird die Nachlässigkeit des Gesetzgebers, der es in 60 Jahren nicht geschafft hat, das Streikrecht zu regeln, allmählich zu einer teuren Angelegenheit. Auf mehrere Hundert Millionen Euro schätzen allein die Hauptkunden der Bahn - Automobilhersteller, Stahl- und Chemieindustrie - die Einbußen dieser Streikwoche. Kein Wunder, dass die Industrievertreter von Unverhältnismäßigkeit sprechen. Die Lokführer wiederum stehen auf dem Standpunkt, lediglich ein Grundrecht wahrzunehmen. Der Weg der Regierung, mit dem geplanten Tarifeinheitsgesetz die Streikhäufigkeit renitenter Spartengewerkschaften einzudämmen, führt indes in die Irre. Die Große Koalition sollte sich besser um eine gesetzliche Regelung des Arbeitskampfrechtes bemühen. Dann wüssten Arbeitgeber und Arbeitnehmer endlich, was geht.

Die neueste Steuerschätzung prophezeit dem Fiskus weiter stark steigende Einnahmen. Man darf gespannt sein, wer als Erstes in der Großen Koalition das Thema Steuersenkung für sich entdeckt. Für Anleger die gute Nachricht: Auch die Diskussion um die Abschaffung der Abgeltungsteuer dürfte ausklingen.

Anleihe-Guru Bill Gross, der legendäre frühere Pimco-Chef, heute bei Janus, hatte gerade erst erklärt, gegen weiter sinkende Renditen von Bundesanleihen zu spekulieren, da drehte der Trend tatsächlich um. Der stete Abwärtstrend in den ersten Monaten des Jahres scheint gebrochen, Zehnjährige brachten Anfang der Woche mit 0,45 Prozent immerhin deutlich mehr als die schwarze Null, die noch vor Kurzem die Anleger unglücklich machte. Da konnten auch die Aufkäufe der Europäischen Zentralbank nichts ändern. Die Investoren sind offensichtlich angesichts der für den Euroraum deutlich verbesserten Konjunkturerwartungen und der Aussicht auf eine wieder steigende Inflationsrate nicht mehr bereit, die Mickerzinsen zu akzeptieren.