von Herausgeber Frank-B. Werner

Vor gut einem Jahr, am 19. Mai 2015, stellte der Dow-Jones-Index seinen bisherigen Rekord auf - 18 312 Punkte. Aktuell sind die Kurse rund vier Prozent davon entfernt. Amerikanische Aktien sind also nicht billig. Und das geldpolitische Umfeld mahnt zur Vorsicht: Die Kreditkartenschulden der Amerikaner sind im ersten Quartal um sechs Prozent gestiegen und liegen mit 952 Milliarden Dollar nur noch 50 Milliarden unter ihrem Allzeithoch kurz vor Ausbruch der Finanzkrise vor acht Jahren, Auto- und Studentenkredite haben bereits neue Rekordmarken erreicht. Es ist also höchste Eisenbahn für die Notenbank, die im Zuge des Quantitative Easing extrem aufgeblähte Geldbasis wieder zurückzuführen. Die potenziellen Inflationsrisiken sind ansonsten nicht beherrschbar.

Am 11. Dezember 2014 ging in New York Lending Club an die Börse, ein Fintech-Unternehmen, das kurz zuvor von "Forbes" zu einem der 25 aussichtsreichsten Start-ups der USA gekürt worden war. Das Geschäftsmodell: Privatpersonen verleihen an andere Private oder Gewerbetreibende Geld, ohne dass eine Bank dazwischengeschaltet ist. Beim Börsengang war diese Idee nebst dem seit 2006 aufgebauten bescheidenen Geschäftsbetrieb den Investoren zehn Milliarden Dollar wert. Heute liegt der Unternehmenswert bei nicht einmal einem Viertel. Kreditplattformen sind offensichtlich unter Druck. Einerseits werfen die Aufsichtsbehörden den Betreibern Nachlässigkeit bei der Prüfung von Schuldnern und Gläubigern vor, was zum Beispiel Geldwäsche ermögliche. Andererseits stellt sich heraus, dass auch Algorithmen Fehler bei der Kreditwürdigkeitsprüfung machen, und schließlich kam heraus, dass einige Plattformen Kredite bündelten, verbrieften und an Hedgefonds verkauften. Götterdämmerung.

Nachdenkliche Lesefrucht bei Harald Welzer ("Die smarte Diktatur"): "Die Obsession, in der in den reichen Gesellschaften zum Beispiel über die Anerkennung auch noch der absonderlichsten sexuellen Orientierungen gerungen wird, ist ein Symptom dafür, dass über soziale, also über veränderbare Ungleichheit nicht mehr gesprochen werden soll. Es geht nicht mehr um die Abschaffung von Ungleichheit, sondern nur noch um die Anerkennung von Differenz, und das in einem hypermoralisch aufgeladenen Diskurs."