von Herausgeber Frank-B. Werner
Seit Monaten gibt es kaum eine Woche, in der nicht ein Krisengipfel zu Griechenland
stattfindet. Meist gab es nach einem scheinbaren Kompromiss
schnell wieder Dissonanzen, und auch diese Woche ist nicht klar, wie weit die
angestrebte Lösung trägt. Auch sie wird nur vorläufig sein; denn eine echte
Lösung
kann eben nicht politisch verhandelt, sondern nur wirtschaftlich erreicht
werden. Und so stellt sich einmal mehr die Frage, was alles falsch gelaufen
ist. Leider lautet die Antwort, dass Deutschland und Frankreich mit der
Verletzung der Maastricht-Kriterien, die sanktionslos blieben, den Damm gebrochen
haben. Seit diesem Regelverstoß nimmt niemand in der Währungsunion
die Verabredungen mehr ernst - Griechenland natürlich ganz besonders.
Zudem wurde so getan, als genüge allein der politische Wille für eine
funktionierende Währungsunion, und die ökonomische Konvergenz werde
sich schon einstellen. Die Notwendigkeit schmerzhafter Anpassungsprozesse
wurde schlicht negiert.
Die Europäische Union sollte die Konsequenzen ziehen und zugeben, dass
politischer
Wille allein nicht für eine Währungsunion ausreicht. Außerdem
müssten die ökonomischen Anpassungsprozesse beschrieben und eingefordert
werden mit der Folge, dass nicht alle Länder (wie in den EU-Verträgen
vorgesehen) der Währungsunion beitreten. Und sie sollte festlegen, dass eine
Währungsunion souveräner Staaten immer reversibel sein muss. Aber kann
Angela Merkel wirklich über ihren Schatten springen?
Für den Fortbestand der Europäischen Union fast wichtiger als der Griechenland-
Gipfel sind in diesen Tagen die Gespräche, die der britische Premier
David Cameron am Rande des Staatsbesuchs der Queen mit der Kanzlerin
führt. Am besten wäre es, Cameron nicht nur mit ein paar Privilegien und
geringeren
Zahlungsverpflichtungen für die Brüsseler Kasse in sein Plebiszit
ziehen zu lassen, sondern die EU auf neue Füße zu stellen. "Weniger ist mehr"
sollte der Reformplan überschrieben sein.