von Herausgeber Frank-B. Werner
Griechenland I: Laut wurde in der Nacht von Sonntag auf Montag in den Straßen
Athens das "Nein" zu dem mit Sparauflagen versehenen - und am Sonntag
schon gar nicht mehr bestehenden - Hilfsangebot der Europäischen Union
gefeiert. Ziemlich selbstreferenziell. Der frühere Schweizer Politiker Markus
Notter fand in der NZZ am Sonntag eine schöne Analogie: "Es hat dem Kanton
Appenzell Innerrhoden auch nichts genützt, dass die Ablehnung des Frauenstimmrechts
von der direktdemokratischsten Vollversammlung entschieden
wurde." So wie das Schweizer Bundesgericht darauf keine Rücksicht nahm,
wird den Gläubigern der Ausgang des griechischen Plebiszits egal sein.
Griechenland II: Es wundert einen schon, dass die Wahlbeteiligung in einer
solch zentralen Frage relativ niedrig blieb. Etwas mehr als 65 Prozent gingen
an die Urnen. Als die Schotten im vergangenen September über den Austritt
aus dem Vereinigten Königreich abstimmten, beteiligten sich 85 Prozent.
Griechenland III: Die Kunst der Verhandlungsführung beherrscht Alexis Tsipras
wie kein Zweiter. Kaum hatte er sich mit seiner Nein-Empfehlung durchgesetzt,
verblüffte er die Gläubiger mit einem Spielerwechsel. Statt des ebenso
ruppigen wie arroganten Yanis Varoufakis wird als neuer Finanzminister
künftig Euclides Tsakalotos die griechischen Interessen in den Verhandlungen
mit den Gläubigern vertreten. Er studierte in England, ist seit 2010 Ökonomieprofessor
in Athen, gilt als vermögend und ist mit einer Schottin verheiratet.
Vielleicht klappt’s mit ihm.
Griechenland IV: Am Dienstag wurde in Brüssel wieder getagt. Auch das Wort
Schuldenschnitt geisterte durch die Gänge. Eines muss den Herren Gabriel
und Hollande dabei aber klar sein: Einen Schuldenschnitt kann es nur bei
einem Austritt aus der Eurozone geben. Ansonsten wird bald kein Staat seine
Schulden mehr bedienen wollen.