Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" berichtete am vergangenen Wochenende über die in vielen Unternehmen mittlerweile verbreitete Unsitte, Corona für jede Fehlleistung als Ausrede herzunehmen: nicht gereinigte Hotelzimmer, geschlossene Bankzweigstellen, lange Paketlieferzeiten und nicht enden wollende Telefonwarteschleifen. Die zahlreichen Beispiele, die wahrscheinlich auch Sie, liebe Leser, aus Ihrem Alltag erzählen können, sollten einen zum Lachen bringen. Wenn man dann aber - wegen Kurzarbeit (!) - wochenlang auf einen Handwerker warten muss, vergeht einem das Lachen. Und im Fernsehen scheint es nur das Thema zu geben, wo man in diesem Sommer seine Ferien verbringen soll. Stecken wir nicht in der tiefsten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg? Und da kümmern wir uns um den Urlaub und arbeiten weiter kurz, obwohl der Kunde mit Auftrag droht? Zu viele Fehlanreize, zu viel an den Staat delegierte Verantwortung.
Die Berichtssaison über das zweite Quartal läuft. Die Gewinne vieler Firmen sind kollabiert, die Schätzungen gehen - für den Durchschnitt - von einem Rückgang von bis zu 40 Prozent aus. Doch die meisten Investoren irritiert das nicht. Sie haben den Lockdown-Einbruch bereits abgehakt und blicken in die Zukunft. Und dort sehen sie, nicht zuletzt aufgrund der weltweit gigantischen Hilfspakete, eine schnelle Erholung. Wird die nicht durch einen dramatischen Wiederanstieg der Neuinfektionen zunichtegemacht, dürfte sich ihr Optimismus auch in den Kursen widerspiegeln.
Beim ersten physischen EU-Gipfel seit Ausbruch der Pandemie wird Angela Merkel am kommenden Freitag und Samstag in Brüssel ein echtes Stück Staatskunst abverlangt. Es geht unter anderem um die Frage, ob die Institutionen der EU sich selbst verschulden dürfen und wie viel der in Rede stehenden 750 Milliarden Euro als Zuschüsse, wie viel als Kredit weitergeleitet wird. Nicht nur Österreichs Bundeskanzler Kurz hat Widerstand angekündigt.