von Herausgeber Frank-B. Werner
In Sachen Volkswagen ist es Zeit, zur Besonnenheit zurückzukehren. Weder hat VW - nach allem, was man bisher weiß - Menschen nach dem Leben getrachtet noch sie vorsätzlich geschädigt. Es ist auch Unsinn, wenn von einer nachhaltigen Beschädigung des Gütesiegels "Made in Germany" geredet wird. Kaum überraschend, hört man von VWs Wettbewerbern nichts. Denn das, was den Wolfsburgern vorgeworfen wird, dürfte übliche Praxis sein. Schließlich haben sich die Aufsichtsbehörden nicht ohne Grund für ein einheitliches Messverfahren auf einem Prüfstand entschieden. Kein Hersteller kann deshalb die Einhaltung von Grenzwerten im tatsächlichen Fahrbetrieb garantieren. Prüfstandergebnisse - auch optimierte - können deshalb nur indikativen Charakter haben. In ein paar Wochen werden sich alle beruhigt haben.
Am kommenden Samstag feiern wir 25 Jahre Deutsche Einheit. Was sich in den ersten Jahren des Zusammenwachsens, das die "Ossis" häufig als Übernahme durch die "Wessis" missverstanden, niemand vorstellen konnte, ist heute Realität: Niemand im Westen stört sich daran, dass zwei ostdeutsche Politiker an der Spitze des Staates stehen: Joachim Gauck, der Bundespräsident, und Angela Merkel, die Kanzlerin. Auf das Erreichte können wir stolz sein, insbesondere die hervorragende Infrastruktur in den neuen Ländern. Gleichwohl fehlt der Glanz. Trotz erheblichen Rückgangs liegt die Arbeitslosenquote zwischen Rostock und Dresden auch heute mit neun Prozent immer noch deutlich über der im Westen (5,8 Prozent). Und auch das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf dümpelt nur bei rund drei Viertel des westdeutschen Durchschnitts. Dass sich das nicht in deutlichen Unterschieden im Lebensstandard abbildet, liegt daran, dass ein Großteil der rund zwei Billionen Euro, die in den vergangenen 25 Jahren von West nach Ost geflossen sind, zur Dotierung der Sozialsysteme verwendet wurde. Immerhin wies der durch die Einheitskosten in kolossale Unterdeckung geratene Bundeshaushalt 2014 erstmals wieder eine schwarze Null aus. Das Gröbste liegt wohl hinter uns.