von Herausgeber Frank-B. Werner
Selten sind die Gewinner des Wirtschaftsnobelpreises einem breiteren Publikum bekannt. In diesem Jahr ist das anders. Wer den Film "The Big Short" gesehen hat, ist Richard Thaler schon einmal begegnet. In einer kurzen Szene erklärt er dort in einem Spielcasino zusammen mit Selena Gomez, wie das Geschäft mit synthetischen "Collateralized Debt Obligations" funktioniert. Die Zusammenfassung risikoreicher Hausfinanzierungen und deren Verbriefung in einem "AAA"-Wertpapier war maßgebliche Ursache für die Finanzkrise, deren Höhepunkt der Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 war.
Das Nobelpreiskomitee hat ihn aber natürlich nicht wegen seiner schauspielerischen Fähigkeiten ausgezeichnet, sondern wegen seiner Forschungen zur Verhaltensökonomie. Dort ist Thaler allerdings nicht unumstritten. In seinem wirkmächtigsten, zusammen mit Cass Sunstein verfassten Buch "Nudge" postuliert Thaler, dass Menschen mit mehr Wissen Menschen mit weniger Wissen zu "klugen" Verhaltensweisen anstoßen (nudge) sollten. Auch im Kanzleramt in Berlin wurde eine entsprechende Abteilung eingerichtet, die sich mit der Beeinflussung der Menschen beschäftigt.
Der Wirtschaftsnobelpreisträger des Jahres 1974, Friedrich August von Hayek, hätte es noch als arrogante "Anmaßung des Wissens" gebrandmarkt, wenn Politiker oder Experten vorgeben, besser als andere zu kennen, was gut für einen beziehungsweise die Gesellschaft ist. Den Nobelpreis gibt es dieses Mal jedoch für die theoretische Fundierung des Nanny-Staates.
Dabei weiß jeder, dass die Grenze zwischen wohlmeinendem Anstupsen und übergriffiger Bevormundung schnell überschritten ist. Wenn Politiker für sich in Anspruch nehmen, uns die Freiheit zu beschneiden, Fehler machen zu dürfen, überschreiten sie ihr Mandat. Schließlich gehört zu den grundlegenden Freiheiten auch, aus Sicht der Nachbarn Blödsinn zu machen.
Der "Paternalismus ohne Zwang", den Thaler propagiert, ist eben auch Paternalismus. Und den wollen wir nicht!