von Herausgeber Frank-B. Werner
Vor 30 Jahren konnte ich mir als Gründungsmitglied von BÖRSE ONLINE nicht vorstellen, einmal Verleger und Herausgeber dieses Finanzmagazins zu sein, das mit dieser Ausgabe Geburtstag feiert. Und ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass der Namensbestandteil "online" eine solche Bedeutung für unser aller Leben bekommen sollte. Neben der Zeitschrift, die Sie als E-Paper auch online lesen können, werden viele von Ihnen unsere Website boerse-online.de nutzen. In diesen 30 Jahren hat sich eine Menge getan. Sie können das am beiliegenden Sonderdruck sehen, wo wir Ihnen eine Auswahl der Artikel der allerersten Ausgabe zusammengestellt haben. Außerdem zeichnen wir in dieser Jubiläumsausgabe in groben Zügen nach, was in diesen 30 Jahren geschah.
Vor einem Jahr waren es die "Panama-Papers", nun wurden von der "Süddeutschen Zeitung" Auswertungen aus einem anderen ihr zugespielten Datensatz, den sogenannten "Paradise Papers", veröffentlicht. Diesmal geht es nicht so sehr um fehlbare Privatpersonen, sondern um Firmen. Die Botschaft zwischen den Zeilen: Offshore-Geschäfte sind dubios, dienen der Geldwäsche, der Korruption und der Steuerhinterziehung. Damit kein Missverständnis entsteht: Offshore-Konstrukte können in der Tat dafür missbraucht werden. Aber man verbietet ja nicht den Verkauf von Äxten, nur weil sie von einigen Mordbuben nicht zum Holzspalten, sondern zum Kopfabschlagen benutzt werden. Offshore-Geschäfte sind in der Regel nicht kriminell, sondern Ausdruck von Unzulänglichkeiten. Weil zum Beispiel in vielen Ländern die Emission von Anleihen kompliziert ist, weichen Unternehmen mit Finanzierungsgesellschaften an Standorte aus, wo dies einfacher geht. Oder prohibitiv hohe Steuern wie in den USA lassen international tätige Konzerne im Ausland erzielte Gewinne lieber offshore parken, als sie zu Hause zu vereinnahmen. Oder die Übertragung von Firmenanteilen in manchen Entwicklungsländern ist so bürokratisch und teuer, dass man Anteilsübertragungen besser über eine Offshore-Besitzgesellschaft organisiert. Der Datenklau der "Paradise Papers" wird deshalb wohl
am Ende noch weniger Skandale liefern als die Listen aus Panama.