Börsianer wissen: An den Finanzmärkten zählt nicht der Blick in den Rückspiegel, sondern einzig der Blick nach vorn. So halten es auch die Amerikaner nach dem Wahltag. Je schneller das nächste Corona-Hilfspaket jetzt auf den Weg gebracht wird, umso besser für die Kurse.
Börsianer, die etwas über den Tag hinausschauen, machen sich allerdings angesichts dieser Politik ein wenig Sorgen, zumal sich seit Anfang dieser Woche auch Deutschland wieder im (teilweisen) Lockdown befindet. Es folgt damit einigen EU-Ländern, andere haben die Einführung vergleichbarer oder schärferer Beschränkungen für die nächsten Tage angekündigt. Hatte man beim ersten Runterfahren im März noch eine baldige Rückkehr zur Normalität erwartet, so rückt jetzt die ungebremste Verschuldung von Staaten und Unternehmen in den Mittelpunkt der Überlegungen der Finanzmarktakteure. Sie wird nur so lange tragen, wie die Fähigkeit und die Bereitschaft der Europäischen Zentralbank zum Bail-out reichen.
Apropos Lockdown. In den Sonntagsreden vor dem Beginn der Beschränkungen wurden wir daran erinnert, welche Chancen in der Besinnlichkeit des Alltagslebens lägen. Anders als im März, als sich viele Leute schon vor dem Erlass staatlicher Verordnungen freiwillig zurücknahmen, konnten wir jetzt beobachten, dass man es am Wochenende vor dem Beginn der Maßnahmen noch einmal richtig krachen ließ. Überall im Land werden zudem neue Klagen vorbereitet, und ganz allgemein scheint die Akzeptanz der Einschränkungen abgenommen zu haben. Wer die Kommunikation der Politiker jeglicher Couleur verfolgt hat, ist davon allerdings nicht überrascht. Im März beschränkten sich die Bürger in eigener Verantwortung gern selbst. Jetzt wird es ihnen verordnet. Nachdem zuletzt kaum mehr informiert, sondern überwiegend alarmiert und davon gesprochen wurde, dass die Politik "die Zügel anziehen" müsse, darf man sich nicht wundern, dass die Leute allergisch reagieren.