Auch wenn derzeit die steigende Inzidenz der Corona-Fälle wieder im Mittelpunkt der Diskussion steht und die hitzigste Debatte sich am "Lockdown für Ungeimpfte" entzündet, geht es bei den Koalitionsverhandlungen um richtig Grundsätzliches. Will man das Land zukunftsfest machen, müssen eigentlich die drei wichtigsten Weichenstellungen der Ära Merkel rückgängig gemacht werden: das Zulassen des Wandels der Europäischen Währungsunion in eine Fiskal- und Schuldenunion, der Ausstieg aus der Kernkraft und die Verwischung der Kriterien, nach denen Migranten Aufnahme im Sozialstaat Deutschland finden. Noch sieht es so aus, dass Merkels einsame Entscheidungen nicht hinterfragt werden, aber es ist absehbar, dass die neue Regierung schon in Kürze nicht nur bei den im Klimaschutz gesetzten Zielen nicht liefern kann. Es ist die ideale Ausgangslage für solide Oppositionsarbeit. Die Leute werden ernsthafte Verschlechterungen ihres Lebensstandards nicht akzeptieren. Die Legitimation der Ampel könnte früher wackeln, als man heute denkt.

Am 18. November 1996 ging die Deutsche Telekom an die Börse. Die "Volksaktie" erzählt in einem Papier alles, was einem mit Aktien passieren kann. Rauschhafter Aufstieg, brutaler Absturz - aber auch die Bestätigung der Regel, dass Sitzfleisch sich an der Börse auszahlt. Wer vor 25 Jahren zeichnete, kann heute sagen: Ende gut, alles gut.

In der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" stellte Bettina Weiguny jetzt eine interessante Überlegung an: "Wirecard, Finanzkrise, Corona, der Zweite Weltkrieg, das alles wäre ohne Männer nicht passiert." Frauen seien zu solchen Schandtaten gar nicht fähig, so die allgemeine Einschätzung in der schönen neuen Genderwelt. Doch nun steht in den USA die Schwindlerin Elizabeth Holmes vor Gericht, die mit ihrem gigantischen Bluttestbetrug Investoren Milliarden aus der Tasche zog. "Ist Holmes der Gegenbeweis?", fragt Weiguny: "Können auch Frauen korrupt, gierig und böse sein?"

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