Wenn diese Ausgabe der BÖRSE ONLINE erstmals an den Kiosken liegt, öffnen in Großbritannien gerade die Wahllokale. Das Meinungsforschungsinstitut YouGov erwartet nach jüngsten Umfragen im neuen Unterhaus eine komfortable Mehrheit für die Konservativen von fast 70 Sitzen. Diese Aussicht hat das Pfund gegenüber dem Euro schon seit Wochen gestärkt; es notiert mittlerweile so hoch wie zuletzt vor zweieinhalb Jahren. Die Stimmung hat sich gewandelt: lieber ein geregelter Brexit als eine Fortsetzung der Hängepartie.
Warum die SPD-Mitglieder ausgerechnet für zwei Vorsitzende votierten, die völlig unbekannt sind, bleibt ein Rätsel. Vergleicht man die neue SPD-Spitze mit dem gerade im Amt bestätigten Führungsduo der Grünen, Annalena Baerbock und Robert Habeck, erscheinen die Sozialdemokraten wie zwei Dinosaurier. Eric Gujer spottete in der "Neuen Zürcher Zeitung": "Wenn sich die SPD jedoch wie eine Sekte verhält, werden die Wähler sie auch so behandeln." Wie AfD und Linkspartei lebe die SPD von heute in einer verklärten Vergangenheit und verhielte sich damit wie die Wähler Trumps und die Befürworter des Brexits: Sie hoffe, dass sich die Zeit in die Vor-Schröder-Ära zurückdrehen lasse.
Mit europäischen Aktien haben Anleger in diesem Jahr mehr als 20 Prozent Wertsteigerung verbuchen können - das beste Jahr seit der Lehman-Krise. Die Performance, so die Deutsche Bank, sei angesichts der fragilen konjunkturellen Lage ausschließlich auf Dividenden und Bewertungsausweitungen zurückzuführen. Das stimmt, denn die Unternehmensgewinne sind, wenn überhaupt, nur minimal gestiegen. Dass es in den vergangenen 30 Jahren nur fünf Jahre gab, in denen die Bewertungsausweitung mehr als 70 Prozent Anteil am Anstieg der Kurse hatte, muss einen selbst bei dem 80-prozentigen Anteil dieses Jahres nicht pessimistisch stimmen. Da derzeit nichts dafür spricht, dass die EZB ihre Geldpolitik ändert, bleibt noch viel Spielraum für steigende Kurs-Gewinn-Verhältnisse. 2020 sollte ein weiteres gutes Aktienjahr werden.