Jetzt dämmert es auch Fed-Chef Jerome Powell. Zwar hatte der stets den auch von EZB-Direktoriumsmitgliedern nachgeplapperten Slogan "inflation is transitory" - die Inflation ist nur ein vorübergehendes Phänomen - verbreitet, doch inzwischen sieht auch er ein, dass etwas gegen die galoppierenden Preise getan werden muss. Durch das Verschleppen der Gegenmaßnahmen haben sich die Zentralbanken mit Ausnahme der Schweizer allerdings in eine Zwickmühle gebracht: Weil man die Gelegenheit verpasst hat, mit einer kleinen Verschärfung der Geldpolitik rechtzeitig den Preisauftrieb einzufangen, braucht es nun einen größeren Eingriff. Fällt der so stark aus, dass er die Inflation tatsächlich bremst, werden die mittlerweile hoch verschuldeten Staaten die von ihnen begebenen Anleihen wieder mit Kupons versehen müssen - und dann ist die nächste Staatsschulden- und Konjunkturkrise nicht weit. Börsianer sollten jedenfalls allmählich Abschied von ihrer Lieblingsthese nehmen: Die Anlage in Aktien könnte demnächst nicht mehr alternativlos sein.

Es sind noch gut zwei Wochen, dann übernimmt Frankreich die EU-Ratspräsidentschaft. Auf was man sich einzustellen hat, machte der um seine Wiederwahl bangende Präsident Emmanuel Macron in der vergangenen Woche auf einer Pressekonferenz klar: Mit fast allen seinen Forderungen wird er über kurz oder lang mit der neuen deutschen Regierung über Kreuz geraten - zumindest immer mit einem Teil. Das Ansinnen, die Maastricht-Kriterien zur Staatsverschuldung aufzuweichen, dürfte Finanzminister Christian Lindner nicht gefallen; das Postulat, Europa müsse "seine Grenzen im Griff haben" und deshalb mehr Geld für Verteidigung ausgeben, wird der SPD nicht gefallen; und das Festhalten am Ausbau der Kernkraft, um für EU-Europa die energiepolitische Souveränität wiederherzustellen, ist für die Grünen ein No-Go. Da kommen innen- wie außenpolitisch spannende Zeiten auf uns zu.