Die Kriegsverbrechen in der Ukraine lassen keine Zweifel: Deutschland muss sich unabhängig von russischen Energielieferungen machen. Angesichts der Schreckensbilder aus Butscha und anderen verwüsteten Orten sind die Forderungen nach einem sofortigen Stopp der Öl- und Gasimporte aus Russland verständlich - allein schon, um sich nicht der Mitfinanzierung von Putins Angriffskrieg schuldig zu machen. Doch selbst das grüne Spitzenduo Robert Habeck und Annalena Baerbock ist realistisch genug einzusehen, dass der Preis für die deutsche Wirtschaft zu hoch wäre. Das Szenario der schwersten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg macht die Runde. Keine Partei kann und will das verantworten.
Durch Massenarbeitslosigkeit und Wohlstandsverlust würden dem Staat am Ende die Einnahmen fehlen, die zur Finanzierung der Energiewende dringend benötigt werden. Ein Dilemma, das sich nur über den Faktor Zeit lösen lässt. Kurzfristig muss das rohstoffarme Deutschland weiter Milliarden nach Moskau überweisen, um die Mittel zu haben, sich auf lange Sicht selbst mit sauberer Energie zu versorgen. In unserer Titelgeschichte haben wir acht Aktien, aber auch Fonds, ETFs und Zertifikate herausgesucht, die von den Milliardeninvestitionen in die Energieversorgung der Zukunft profitieren sollten.
Als Börsenredaktion beschäftigen wir uns auch in schwierigen Zeiten naturgemäß am liebsten damit, aussichtsreiche Investments aufzuspüren - insbesondere, wenn die Anlageidee so schnell aufgeht wie im Fall Twitter. Hin und wieder bleibt uns aber auch nichts anderes übrig, als von Analysten hoch eingeschätzte Aktien kritisch unter die Lupe zu nehmen, weil wir das Gefühl haben, dass etwas im Argen liegt. Ein Beispiel war unsere Herabstufung des Fotodienstleisters Cewe in Heft 12, nachdem Vorstandschef Christian Friege - ganz offensichtlich nicht in bestem Einvernehmen - gehen musste. Mittlerweile hat das Stiftungskuratorium, das die Geschicke bei Cewe mitbestimmt, kräftig nachgetreten und Friege in einer eigens herausgegebenen Pressemitteilung ein "unentschuldbares Versäumnis" vorgeworfen: Er habe die Notwendigkeit der Förderung der Diversität im Unternehmen sowie den Prozess der Berufung einer Frau in den Vorstand "nicht forciert, sondern im Gegenteil massiv behindert". Das ist schon sehr starker Tobak. So sehr es uns als Journalisten freut, wenn Unternehmensinterna an die Öffentlichkeit gelangen, so sehr müssen wir uns als Anleger fragen, ob die Aktie angesichts eines solchen Stils überhaupt noch investierbar ist.