Denn geht es nach der sogenannten Taylor-Regel, müssten die Zinsen auf sieben bis acht Prozent steigen. Die Taylor-Regel ist unbestritten die wichtigste Formel für die Zinspolitik der Zentralbanken. Sie ist die goldene Regel schlechthin.

Das Original von John B. Taylor liest sich wie folgt: "Der US-Leitzins entspricht der Summe aus der Inflationsrate der letzten vier Quartale plus dem realen Gleichgewichtszins von zwei Prozent plus der Produktionslücke in Prozent multipliziert mit dem Faktor 0,5 plus der Inflationslücke in Prozent multipliziert mit 0,5." Klingt kompliziert, aber die Formel funktioniert. Wie die Grafik zeigt, stimmten der so berechnete Taylor-Zins und der tatsächliche US-Leitzins in den vergangenen 40 Jahren fast immer eng überein. Taylor ist ein Wirtschaftswissenschaftler, der an der Stanford University gelehrt hat.

Die Taylor-Regel berücksichtigt einerseits die Inflation und andererseits das Wirtschaftswachstum in den USA - beides Ziele der US-Notenbankpolitik. Als Faustregel gilt: Steigt die Inflation um ein Prozent, muss der Nominalzins um mehr als ein Prozent angehoben werden, damit der Realzins ansteigt. Steigt der Realzins, so werden Investitionen unattraktiv und die Ökonomie und somit die Inflation eingedämmt.

Wie stark sich Zinserhöhungen in der Vergangenheit auf die Aktienkurse auswirkten, zeigt etwa der Vergleich mit 1987.

Als der damalige Fed-Chef Alan Greenspan die Zinsen nur um 1,5 Prozent erhöhte, hatte das einen Jahrhundert-Börsenabsturz zur Folge. Der Crash im vierten Quartal 2018 wurde durch zwei Prozent Zinserhöhung ausgelöst und der Börsenrückgang 1994 durch drei Prozent innerhalb eines Jahres. Wichtig dabei ist auch: Im Allgemeinen reagiert die Börse auf Zinssteigerungen aber erst bei der dritten Erhöhung. Börsianer nennen es die "Three steps and stumble"-Regel.

Doch kann es so weit kommen? Zweifel sind zumindest angebracht. Die immense Verschuldung in den USA dürfte die Fed bei ihrer Inflationsbekämpfung bremsen. Betrugen die US-Schulden 1983 noch 170 Prozent bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt, waren es zur Jahrtausendwende bereits 260 Prozent und zuletzt sogar 350 Prozent der Wirtschaftsleistung. Insgesamt haben private und öffentliche Schuldner ein Defizit von 83 Billionen Dollar aufgehäuft, jeder Prozentpunkt Zinsanstieg kostet die USA damit mehr als acht Billionen Dollar. Das sind fast vier Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung. Für die Fed also eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera.

In Deutschland zumindest könnte man die Inflation vergleichsweise leicht abmildern. Der Grund: Ein wesentlicher Faktor für die hohe Inflationsrate sind die gestiegenen Energiepreise - und hier verdient der Staat, anders als in den USA, kräftig mit. Da ist zum einen die Energiesteuer, die gut 65 Cent je Liter Benzin beziehungsweise 47 Cent je Liter Diesel ausmacht.

Dann kommt noch der CO2-Preis, der Benzin um rund sieben Cent und Diesel knapp acht Cent je Liter verteuert. Und last but not least die Mehrwertsteuer, die beim aktuellen Benzinpreis mit rund 30 Cent zu Buche schlägt. In Summe geht also etwa die Hälfte dessen, was wir an der Tankstelle bezahlen, an den Staat.

Aktuell plant die Bundesregierung eine dreimonatige Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe: Für Benzin soll die Steuer um 29,55 Cent je Liter sinken, für Diesel um 14,04 Cent. Das wird nicht reichen, aber ist zumindest ein Schritt in die richtige Richtung.