Das war schon richtig heftig, was in den vergangenen Tagen in der Schweiz abgegangen ist. Den Startschuss für heftige Turbulenzen gab am vergangenen Donnerstag die Schweizer Notenbank mit ihrem Beschluss, die Verteidigung ihres Franken-Mindestkurses zum Euro aufzugeben. Das erwischte die Marktteilnehmer auf dem völlig falschen Fuß und wie groß die Überraschung war, zeigt sich an extremen Ausschlägen am lokalen Aktien- und Devisenmarkt. So wertete der Franken gegenüber dem Euro in der Spitze um rund 30 Prozent auf und der SMI-Aktienindex verlor bei hohen Handelsumsätzen an den letzten beiden Handelstagen der Vorwoche rund 15 Prozent an Wert.

Der starke Aktienkursverfall lässt sich nicht zuletzt über die Währungsschiene erklären. Denn ein zu fester Franken erschwert den vielen auf den Export fixierten Schweizer Unternehmen das Leben sehr. Daran werden die Eidgenossen zwar zu knabbern haben, aber es sollte auch die Leistungsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft nicht unterschätzt werden. Das sehen inzwischen offenbar auch viele Anleger so. Zumindest erholten sich die Aktienkurse am Montag wieder ein wenig.

Mit Blick auf 2015 sprachen die Experten bei der Schweizer Privatbank J. Safra Sarasin aber auch schon vor dem Notenbank-Entscheid von einem für Schweizer Aktien zwar anspruchsvollen Umfeld. Im Basisszenario geht Analyst Michael Römer aber davon aus, dass sich die Anlageklasse Aktien dank des Rückenwinds der expansiven Geldpolitik beidseits des Atlantiks erneut positiv entwickeln wird. Im anhaltenden Tiefzins-Umfeld gebe es kaum eine Alternative zu Dividendenpapieren. Aufgrund der positiven Kursentwicklung besonders in den USA wird dabei das Potenzial für Überraschungen in Europa als leicht besser eingeschätzt.

Handelt der Franken zum Euro wie aktuell um die Parität, dann dürften die Gewinne der Schweizer Unternehmen laut J. Safra Sarasin um rund zehn Prozent geringer ausfallen als beim bisher gültigen Wechselkurs. Einigen ausgewählten Schweizer Aktien wird dennoch ein gutes Börsenjahr zugetraut. Favorisiert werden dabei in der Regel Unternehmen mit einem fundamental gesunden Geschäftsmodell und zusätzlichen Kurskatalysatoren sowie einer vertretbaren Bewertung. Besonders herausgestellt werden dabei als Aktienfavoriten für 2015 drei Schweizer Titel, die wir auf den nachfolgenden Seiten etwas genauer vorstellen werden.



Sarasin Schweiz-Favorit 2015, der aber zum Opfer der Notenbank wurde: Clariant AG (WKN: 895929, 14,38 Schweizer Franken, 14,25 Euro, alle Angaben in diesem Text beziehen sich auf Franken-Schlusskurse vom 19. Januar)



Als die Bank J. Safra Sarasin ist Aktienfavoriten für 2015 vorstellte, befand sich darunter auch noch Clariant. Der Mitfavorit wurde dabei in der Kategorie "Transformation mit positiven Extras" geführt. Laut interner Definition besitzen diese Gesellschaften neben einem soliden operativen Leistungsausweis zusätzliche Kurskatalysatoren in 2015, wie etwa neue Produkte und Dienstleistungen aber auch Wert generierende Unternehmens-Zu und/oder Verkäufe sowie Sonderausschüttungen.

Der Schweizer Spezialchemie-Konzern passte in diese Gruppe, weil nach einer umfassenden Restrukturierungsphase, die 2008 begann und bei der im Laufe der Jahre rund 30 Prozent des Portfolios mit niedrigen Margen verkauft und mit hochmargigem Geschäft ersetzt wurde, im Jahr 2011 eine Phase der Portfolio-Bereinigung eingeläutet wurde, bei der unter anderem größere Akquisitionen und Devestitionen sowie massive Kosteneinsparungen angestoßen wurden. Die zuständige Analystin Ute Haibach hatte gehofft, dass Clariant in den kommenden Monaten die Früchte dieser Arbeiten ernten kann, weil die Gesellschaft inzwischen deutlich kostengünstiger operiere, weniger zyklisch geworden sei sowie über ein überdurchschnittliches Wachstumsprofil und ein höhermargiges Portfolio verfüge.

Doch zum Wochenauftakt wurde in Reaktion auf die Beschlüsse der Nationalbank die Kaufempfehlung gekippt und das Anlageurteil zu Clariant auf neutral gesenkt. Rund 99 Prozent der Konzernumsätze würden im Ausland generiert und weil in Franken bilanziert werden, dürfte es bei einer Umrechnung zu Währungsverlusten kommen, zumal es vermutlich kaum Devisen-Absicherungsgeschäfte gebe. Konkret wird beim Gewinn je Aktie mit einem Korrekturbedarf von 15 bis 20 Prozent gegenüber den bisherigen Annahmen ausgegangen. Auch ein Erreichen der Zielmargen sei in Gefahr und trotz der bereits erlittenen Kursverluste dürften ein schwieriger gewordenes Umfeld und ein verschlechtertes Risikoprofil den Aktienkurs zunächst weiter im Zaum halten.



Sarasin Schweiz-Favorit 2015 Nummer eins: Novartis AG (WKN: 904278, 88,05 Schweizer Franken, 86,30 Euro)



Ebenso in die Kategorie "Transformation mit positiven Extras" ist bei der Bank J. Safra Sarasin Novartis eingestuft. Anders als bei Clariant bleibt hier die Kaufempfehlung auf aufrecht erhalten. Die verantwortliche Analystin Chi Tran Brändli findet für den Schweizer Pharmariesen lobende Worte, weil der Konzern im vergangenen Jahr eine eindrucksvolle Transformation vollzogen habe. So sei trotz der von 2014 bis 2016 drohenden Patentausläufe bei drei hauseigenen Blockbuster-Medikamenten, die 2013 rund 17 Prozent des Konzernumsatzes beisteuerten, ein massives Kostensenkungsprogramm umgesetzt worden.

Zudem habe sich Novartis selbst restrukturiert, das heißt, es wurden margenschwache Geschäfte veräußert und solche mit vielversprechenden Wachstums- und Gewinnaussichten gestärkt. Unter anderem wurden die Bereiche Diagnostik, Tiergesundheit und Grippeimpfstoffe ausgegliedert und eine Reihe von Transaktionen mit dem britischen Pharmariesen GlaxoSmithKline abgeschlossen. Dazu zählten der Tausch des Impfstoffgeschäfts (ohne Grippeimpfstoffe) gegen das Onkologie-Portfolio von GlaxoSmithKline und die Zusammenlegung des Consumer-Health- Geschäfts mit dem von GlaxoSmithKline zu einem Joint-Venture. NVS verfüge nun noch über die drei Divisionen Pharmaceuticals, Alcon (Augenheilkunde) und Sandoz (Generika).

Außerdem übertrafen die klinischen Ergebnisse in der Spätphasenpipeline die Erwartungen oft deutlich. Anfang 2015 könne sich Novartis nun nicht nur auf die Lancierung von zwei möglichen Megablockbuster-Medikamenten freuen, sondern auch die zu den größten der Branche zählende Phase-3-Pipeline halte mögliche Überraschungen bereit.

Schon im Januar sollte Novartis die US-Zulassung für ein im Jahr 2015 wichtiges neues Medikament erhalten und eine EU-Zulassung sollte dann im zweiten Quartal folgen. Gemeint ist damit Cosentyx (Secukinumab), ein Mittel zur Behandlung der Schuppenflechte, für das Japan im Dezember als erstes Land die Genehmigung erteilt hat. Mit Cosentyx werde erstmals ein IL-17-Inhibitor für die Behandlung von Psoriasis und letztlich vermutlich auch von verwandten Autoimmunkrankheiten zugelassen. Dank der Marktreichweite von Novartis und dem überlegenen Profil von Cosentyx gegenüber den standardmäßig eingesetzten biologischen Arzneimitteln dürfte das Medikament in wenigen Jahren ein Mega-Blockbuster sein. Die Konsensschätzungen seien aber immer noch zu niedrig. Darüber hinaus sollte Novartis im zweiten Halbjahr die US- und EU-Marktzulassung für LCZ696 gegen Herzinsuffizienz erhalten. Der Wirkstoff senke erwiesenermaßen das Sterbe- und Krankenhausaufenthaltsrisiko um 20 Prozent gegenüber der Standardtherapie, weshalb er unter Ärzten als bahnbrechend gilt. Der Spitzenumsatz dürfte bei mehr als fünf Milliarden Dollar liegen.

Die von Brändli über die Patentklippe hinaus als rosig eingestufte Zukunft dürfte noch nicht vollständig in den Kursen stecken. Novartis werde noch immer mit einem Bewertungsabschlag (KGVe für 2015: 15,5) gegenüber der Konkurrenz gehandelt, was nicht gerechtfertigt sei. Die guten Aussichten dank wichtiger neuer Medikamente und verbesserter Rentabilität sollten ein überdurchschnittliches Gewinnwachstum gewährleisten, weshalb statt einem Abschlag ein Bewertungsaufschlag angemessen sei. Zumal Novartis in vielen operativen Bereichen schlanker geworden sei, was höhere Margen ermöglicht, um die Patentausläufe bei den Blockbustern Diovan und Exforge auszugleichen. Das Unternehmen verfüge nun über eine besser fokussierte und effizientere Struktur. Im ersten Halbjahr 2015 sei mit weiteren Umsatz-/Kostensynergien zu rechnen, die künftig noch mehr Wachstum und Rentabilität versprechen würden.



Sarasin Schweiz-Favorit 2015 Nummer zwei: SGS S.A. (WKN: 870264, 1.754,00 Schweizer Franken, 1.704,693 Euro)



Der Warenprüfkonzern SGS ist bei J. Safra Sarasin in der Aktiengruppe "Solide und stetig" enthalten. Diese Unternehmen weisen eine positiv stetige betriebliche Leistung auf, welche im Sektor führend ist. Auf SGS trifft diese Einstufung zu, weil sich das Schweizer Unternehmen im Laufe der Jahre zum Marktführer im Bereich Prüf-, Inspektions- und Zertifizierungsunternehmen gemausert hat. Allerdings bestätigt auch hier die Ausnahme die Regel. Denn im Vorjahr haben Turbulenzen in den Sektoren Mining sowie Öl & Gas auch SGS zugesetzt. Diese ungewohnten Schwierigkeiten sind auch der Grund, warum die zuvor so erfolgsverwöhnte Aktie in den beiden vergangen Jahren nur stagnierte.

Der bei Sarasin zuständige Analyst Oskar Schenker geht aber davon aus, dass SGS wieder in die Erfolgsspur finden wird. Mit einem KGV von 18,5 auf Basis der für 2015 erwarteten Gewinne ist die Bewertung zwar optisch hoch, Schenker stuft den Titel aber dennoch als Kauf ein. Erläuternd erinnert er an den seit Jahren zugunsten der SGS-Aktie bestehenden Bewertungsaufschlag gegenüber den wesentlichen Konkurrenten wie Bureau Veritas oder Intertek sowie und gegenüber dem SMI. Doch dieser Bewertungsaufschlag habe sich in den vergangenen 18 Monaten leicht abgebaut, obwohl die Gewinnerwartungen für SGS gleichzeitig nach unten korrigiert worden seien. Schenker erachten aufgrund der Marktstellung des Unternehmens (Es werden unterschiedlichste Industriesegmente bedient, was die Abhängigkeit von einzelnen Sektoren verringert und insgesamt ein hohes, nachhaltiges Wachstum ermöglicht) aber eine Prämie als gerechtfertigt, zumal er von einer Erholung der zuletzt negativ betroffenen Geschäftsbereiche ausgeht.

Bei der Bekanntgabe der Zahlen für das Geschäftsjahr 2014 am 21. Januar rechnet er aber noch mit einem gemischten Resultat aufgrund der überdurchschnittlichen Abhängigkeit in den Sektoren Bergbau sowie Öl, Gas & Chemie. Die beiden Segmente steuerten im 1H 2014 rund einen Drittel des Umsatzes und 27% des operativen Gewinns bei. Die Ziele für das Gesamtjahr 2014, welche zusammen mit einem soliden Ausblick anlässlich der Präsentation der Halbjahreszahlen gegeben wurden, dürfte wegen der Schwäche des Ölpreises kaum erreicht werden. Entsprechend diesem Umfeld erwarten wir einen vorsichtigen Management-Ausblick für 2015.

Moderate Konjunkturaussichten für die Asien Pazifik sowie die Europa, Mittlerer Osten und Afrika Regionen (75 Prozent vom Umsatz) und ein leicht positiver Ausblick für den amerikanischen Kontinent (25 Prozent vom Umsatz) für 2015 könnten SGS aber zum anvisierten Umsatzwachstum von sechs bis neun Prozent in 2015 verhelfen. Hilfreich wäre zudem eine Stabilisierung des Ölpreises auf höherem Niveau, welcher im 2014 nicht nachfragebezogen sondern angebotsseitig über 40 Prozent verloren hat. SGS dürfte an der Zielsetzung eines über dem Bruttoinlandsprodukt liegendem Umsatzwachstum für die kommenden Jahre festhalten. Dank gesunder Bilanz und solider Generierung freier Cashflows, dürften die Aktionäre auch für 2014 mit einer Dividende von 65,00 Franken pro Aktie rechnen. Das entspreche mit 3,7 Prozent einer überdurchschnittlichen Dividendenrendite unter den SMI-Titeln.



Sarasin Schweiz-Favorit 2015 Nummer drei: UBS AG. (WKN: UB0BL6, 14,40 Schweizer Franken, 14,10 Euro)



Anders als viele andere führende Schweizer Unternehmen haben die Vertreter des lokalen Bankensektors in den vergangenen Jahren viel von ihrem Glanz verloren. Dazu trugen Steuerstreitigkeiten mit der EU und den USA ebenso bei Verstrickungen in Marktmanipulationen wie etwa am Devisenmarkt. Alles das hat auch die UBS in Mitleidenschaft gezogen und der Aktienkurs der Schweizer Großbank hat auch deshalb und wegen unbefriedigender Ergebnisse die Hausse der vergangenen Jahre nicht mitgemacht.

Inzwischen wurde aber eines an Hausaufgabe erledigt und das Institut hat sich in eine Holdinggesellschaft umgewandelt. Laut dem bei Sarasin zuständigen Analysten Rainer Skierka ist die UBS heute eine der kapital- und ertragsstärksten Banken der Welt. Angesichts der noch kommenden regulatorischen Verschärfungen sei das ein großer Vorteil. Dank Konzentration auf das internationale Vermögensverwaltungsgeschäft und deutlicher Reduktion des Investment Banking sei die UBS auf Zielkurs, ihre Finanzziele 2015 zu erreichen. Geführt wird die UBS-Aktie hausintern bei Sarasin in der Kategorie Turnaround mit Aufholpotenzial. Diese Unternehmen/ Aktien sind in der Vergangenheit aufgrund operativer Probleme zurückgebelieben, offerieren aber dank erkennbaren Maßnahmen Aufholpotenzial in Bezug auf überproportionales Umsatz- und Gewinnwachstum oder einer Margenerholung auf Höhe des langjährigen Durchschnitts oder im Vergleich zur Konkurrenz.

Nach existenzbedrohenden Verlusten während der globalen Finanzkrise, konzentriere sich die UBS inzwischen auf ihre Position als der größte, globale Vermögensverwalter für private und institutionelle Kunden sowie als führende Universalbank in der Schweiz. Auf dieser strategischen Grundlage und in Kombination mit einer fokussierten, gegenüber früher weniger komplexen und deutlich weniger kapitalintensiven Investment Bank sowie einem leistungsfähigen Global Asset Management werde das Wachstum weiter vorangetrieben und die starke Marktstellung im Wealth Management in den Wachstumsmärkten des asiatisch pazifischen Raums (APAC) und Lateinamerika (LatAm) sukzessive ausgebaut. Hauptfokus bilde hierbei das am schnellsten wachsende Segment der Superreichen (UHNWI) mit Vermögen über 50 Millionen Franken. Mit dieser Priorisierung solle den ökonomischen und regulatorischen Verschärfungen Rechnung getragen werden. Das Risikoprofil von UBS werde zudem substanziell reduziert, indem jene Geschäfte redimensioniert oder aufgegeben werden, die keinen Kunden-Mehrwert mehr bieten oder bezüglich risikoadjustierter Renditen unattraktiv geworden seien.

Das beinhalte vor allem eine deutliche Reduktion von mit hohen Risiken behafteten Investment Banking-Aktivitäten, wie etwa den Handel mit Festverzinslichen. Was der Markt nach Ansicht von Skierka zu wenig honoriere, sind die sich daraus ergebende Stärkung der Wettbewerbsposition in UBS geschäftsspezifischen Zielmärkten, die überdurchschnittlichen strukturellen Wachstums- und Renditeaussichten sowie die höhere Kapitaleffizienz. Die Neunmonatszahlen du ein Investorentag hätten erste operative Erfolge der strategischen Neuausrichtung bestätigt. Das werde jedoch überschattet von offenen Rechtsfällen mit ungewissem Ausgang. Inwiefern der jüngste Entscheid der SNB Negativzinsen einzuführen belastend wirke, sei noch offen. Skierka erwartet dennoch, dass die Finanzziele 2015 erreicht werden.

Ein überdurchschnittliches Wachstum in den fünf Kerngeschäftsbereichen mit steigenden Margen und gleichzeitiger Effizienzsteigerung, verbunden mit Kosteneinsparungen von 2,1 Milliarden Franken bilde die Grundlage zur Erreichung der Konzernziele. Sie beinhalte eine Kernkapitalquote von mindestens 13,0 Prozent, ungewichtete Bilanzaktiven von 900 Milliarden Franken, eine Eigenkapital-Rendite von mehr als 15 Prozent sowie ein Aufwand-/Ertrags-Verhältnis von 60-70 Prozent. Hinzu komme eine Erhöhung der Gewinnausschüttungsquote von 30 Prozent auf über 50 Prozent, was folglich Ausschüttungsfantasie berge. Alles das werde in der aktuellen Bewertung des Titels (KGVe für 2015: 10,4) noch nicht adäquat reflektiert.