"Dieser Wert liegt deutlich über dem OECD-Durchschnitt von 50", erklärte die 34 Mitgliedsländer zählende Industriestaaten-Organisation. Die ärmsten 60 Prozent kommen hingegen lediglich auf sechs Prozent des gesamten Vermögens. "Darüber hinaus ist die Zahl der überschuldeten Haushalte groß", erklärte die OECD.

Vergleichsweise gut steht Deutschland bei der Einkommensverteilung da. In der ersten Hälfte der 2000-er Jahre habe die Ungleichheit noch stark zugenommen, sagte OECD-Experte Michael Förster in Berlin. "Seit 2007 ist die Ungleichheit in den verfügbaren Einkommen stabil." In Deutschland verdienen die obersten zehn Prozent der Einkommensbezieher 6,6-mal so viel wie die untersten zehn Prozent. Der OECD-Schnitt betrage 9,6:1. Allerdings lag der deutsche Wert in den achtziger Jahren noch bei 5:1, in den Neunzigern bei 6:1. Problematisch sieht die Organisation den hohen Anteil atypischer Beschäftigung in Deutschland, wozu Teilzeit, Minijobs und befristete Beschäftigungsverhältnisse zählen. Er liegt inzwischen bei nahezu 40 Prozent und sei hauptverantwortlich für die Lohnkluft.

Anders als in der Mehrzahl der OECD-Länder habe die schwere Wirtschafts- und Finanzkrise ab 2008 die Einkommensschere nicht größer werden lassen. "In vielen Ländern hat Einkommensungleichheit einen Rekordwert erreicht", sagte Förster. Das wirke sich negativ auf die Konjunktur aus: Zwischen 1990 und 2010 habe die zunehmende Ungleichheit fast fünf Prozentpunkte an Wachstum in der OECD gekostet.

Um die Einkommenslücke in Deutschland zu verringern, schlägt die OECD vor, Frauen den Zugang in eine Vollzeitbeschäftigung zu erleichtern. "Etwa durch den weiteren Ausbau von ganztägiger Betreuung für Kleinkinder", sagte Förster. Er empfiehlt auch mehr Ganztagsschulen und eine bessere Qualität der frühkindlichen Bildungs- und Betreuungsangebote, um Kindern aus sozial schwachen Familien den Aufstieg zu ermöglichen. Um das zu finanzieren, könnte etwa Immobilienbesitz stärker besteuert werden.

Reuters