Die dritte Corona-Welle stellt nach Ansicht führender Ökonomen ein Risiko für die deutsche Konjunktur dar. Ein Drittel der im Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag im April befragten Experten hält die Gefahr einer Rezession für erhöht, mehr als jeder Vierte (27 Prozent) sogar für hoch oder sehr hoch (siehe Grafik unten).
Gleichwohl schätzen die Ökonomen in der April-Umfrage die aktuelle wirtschaftliche Lage in Deutschland etwas besser ein als noch im Vormonat. Der Barometer-Stand steigt um 3,8 Prozent auf 37,3 Punkte. Die Prognose für die wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden zwölf Monaten verbessert sich sogar um fast fünf Prozent auf 44,6 Punkte.
Damit fällt die April-Umfrage des Ökonomen-Barometers etwas optimistischer aus als die Umfrage des Forschungsinstituts ZEW. Die dort befragten Analysten und Profi-Anleger haben im April den Ausblick für die kommenden sechs Monate gesenkt. Es ist zudem nach vier Anstiegen in Folge der erste Rückgang des ZEW-Index seit November 2020.
Die Konjunkturerwartungen lägen aber immer noch auf einem sehr hohen Niveau, und die aktuelle Lage werde deutlich besser eingeschätzt als im März, teilte das ZEW mit. Vor allem die Exportaussichten stützen derzeit die Konjunktur, während die Diskussionen über einen verschärften Lockdown die Erwartungen für den Konsum zurückgehen lassen.
Stabile Pandemie-Wirtschaft
"Die dritte Welle wird den Aufschwung nur kurz unterbrechen", erläutert Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank Gruppe. "Die Konjunkturampel steht auf Grün. China und USA erholen sich, wovon die deutsche Industrie profitiert. Aber auch die Impffortschritte werden dem Freizeitsektor ab der zweiten Jahreshälfte kräftig einheizen."
Bei der Forderung nach weiteren Einschränkungen für die Wirtschaft zeigen sich die im Ökonomen-Barometer befragten Experten zurückhaltend. 41 Prozent halten die aktuell geltenden Beschränkungen für ausreichend. 33 Prozent sprechen sich für eine allgemeine Homeoffice-Pflicht aus, die nur in begründeten Ausnahmen aufgehoben werden darf. Und immerhin 39 Prozent plädieren für eine allgemeine Maskenpflicht am Arbeitsplatz.
ZEW-Experte Friedrich Heinemann bringt in seinem Beitrag für das Ökonomen-Barometer die Situation so auf den Punkt: "Wir leben in einer stabilen 95-Prozent-Pandemie-Ökonomie", sagt der Wirtschaftsforscher. "Die Lockdowns haben ihren Schrecken für weite Teile der Wertschöpfung verloren. Fünf Prozent werden dagegen stark beeinträchtigt, aber das mindert die Dynamik der anderen Sektoren nicht mehr in einer gefährlichen Weise."
Das deutsche Bruttoinlandsprodukt dürfte Experten zufolge im ersten Quartal Corona-bedingt um zwei Prozent gesunken sein. Ab dem Frühjahr wird eine Erholung erwartet. Im Gesamtjahr könnte es laut Bundesregierung drei Prozent Wachstum geben.