Trotz des erneuten Corona-Teillockdowns bewerten führende Volkswirte die wirtschaftliche Lage in Deutschland im November deutlich besser als im Vormonat. Mit einem Plus von 7,8 Prozent auf 35,5 Punkte setzte das Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag damit auch den sechsten Monat in Folge seinen Wachstumskurs fort. Im Mai hatte es mit 12,8 Punkten seinen bislang tiefsten Stand markiert.
Die Prognose für die kommenden zwölf Monate hat sich um fast zehn Prozent auf 36,5 Punkte ebenfalls deutlich erhöht, ist aber noch weit von der 50-Punkte-Marke entfernt, die Nullwachstum anzeigt.
Die Ökonomen erwarten nun für das Gesamtjahr einen Rückgang der Wirtschaftsleistung von 4,8 Prozent. Damit sind sie im Durchschnitt deutlich optimistischer als die Bundesregierung, die in ihrem Herbstgutachten einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 5,5 Prozent prognostizierte. Der Sachverständigenrat liegt in seinem am Mittwoch vorgestellten Jahresgutachten mit 5,1 Prozent dazwischen. Noch im Sommer waren die sogenannten Wirtschaftsweisen von einem Minus von 6,5 Prozent ausgegangen.
Kritik am Berliner Krisenkurs
Während diese das Krisenmanagement der Bundesregierung weitgehend loben ("rasch und entschlossen") und dabei insbesondere das Konjunkturpaket und den flächendeckenden Einsatz von Kurzarbeit hervorheben, gibt es vonseiten der Ökonomen auch Kritik. "Die im Kern verfehlte Politik ist ungeeignet, expansive Impulse zu setzen, zumal sie erhebliche Belastungen für die Zukunft generiert", sagt etwa Franz Peter Lang von der Hochschule für Oekonomie und Management.
Thomas Gitzel von der VP Bank Gruppe wiederum rechnet zwar damit, dass der zweite Lockdown Bremsspuren bei der Wirtschaftsentwicklung hinterlassen wird. "Von den Rückgängen im zweiten Quartal sind wir allerdings weit entfernt, da das verarbeitende Gewerbe verhältnismäßig rund läuft", erläutert Gitzel.
Die meisten der im Ökonomen-Barometer befragten Volkswirte rechnen damit, dass die deutsche Wirtschaft nach dem deutlich positiven dritten Quartal im vierten Quartal wieder ins Minus rutscht (48 Prozent) oder stagniert (38 Prozent). Nur 14 Prozent glauben inzwischen noch an ein Wachstum im letzten Vierteljahr des Jahres 2020.