Plus 23 Prozent seit Anfang des Jahres
Während alles fiel, hat der Ölpreis seit Beginn des Jahres eine attraktive Performance von aktuell mehr als 23 Prozent und in der Spitze mehr als 60 Prozent in Bezug auf Crude Oil eingefahren. Doch der Ölpreis ist von seinen Hochs in der Nähe von 122 US-Dollar schon deutlich zurückgekommen und notiert aktuell bei 95 US-Dollar.
Problem für den Ölpreis ist vordergründig die Förderausweitung der OPEC, die zugestimmt haben, zunächst für Juli und August die geförderte Ölmenge auf 648.000 Barrel pro Tag zu erhöhen. Durch diese Erhöhung hat der Russland-Ukraine-Konflikt keinen Einfluss mehr auf den Ölpreis.
Citi Bank skeptisch
Während die Mehrheit der Investmentbanken sehr bullish auf den Preis des schwarzen Goldes ist (Goldmann Sachs 140 US-Dollar / J.P. Morgan 380 US-Dollar), halten die Citibank Analysten dagegen. Sie veröffentlichten in einer kürzlichen Analyse, warum Öl im besten Fall gegen Ende des Jahres auf dem aktuellen Niveau um die 100 US-Dollar traden dürfte und im Falle einer Rezession noch weiter fallen könnte.
Grund dafür sind laut Citi zwei wesentliche Entwicklungen, welche Anlegern bevorstehen könnten. An erster Stelle wird Russland trotz der gesteigerten Liefermenge und trotz der Sanktionen weiter Öl fördern und liefern. Ob sie es selbst vertreiben oder China und Indien dies mit einem Aufschlag tun, ist dabei wenig relevant. In jedem Fall steigt das Angebot an Öl, wodurch der Preis mittelfristigen Abwärtsdruck haben wird.
Die zweite mögliche Entwicklung, welche noch wesentlich bärischer für den Kurs wäre, ist eine Rezession. Historisch gesehen geht in Rezessionen die Nachfrage nach Öl aufgrund der Unsicherheit und der steigenden Preise zurück. Viele Privatleute und Unternehmen sparen ein, wo es geht und dies belastet auch den Ölpreis. Sollte dieses Szenario eintreten, so der Head of Commodities der Citi Bank, kann sich der Kurs schnell in Richtung der Marke von 65 US-Dollar bewegen.
Ausblick für den Ölpreis
Wer jetzt schon Shorts kaufen will, der sei gewarnt. Nicht umsonst hält die Mehrheit der Wall Street Öl für noch zu billig und gibt regelmäßig dazu Analysen heraus. Das stärkste Argument für einen weiter steigenden Ölpreis wären eine Verschärfung des Russland-Ukraine Krieges, in dem die Russen mehr Ressourcen für den eigenen Angriffskrieg verwenden müssen. Außerdem gibt es die Chance auf eine Erholung der chinesischen Wirtschaft nach den jahrelangen Lockdown Maßnahmen gepaart mit einem dadurch steigenden Tourismusboom, welcher den Ölpreis anfachen könnte.
Zwar sieht es charttechnisch bei Öl schon seit Längerem nach einem Abverkauf bis 65 US-Dollar aus und fällt die aktuelle Unterstützung von 95 US-Dollar aus dem März, wären eigentlich alle Wege frei, doch hat der Ölpreis in den letzten Jahren deutlich gezeigt, dass er ein Instrument der News und Politik ist und weniger berechenbar, als wir alle denken.