W ollte man früher an Börsen in aller Welt traden, brauchte man eine besonders ausgefuchste Depotbank. Auch die horrenden Gebühren sollten einen nicht schrecken. Heute kann man bequem vom heimischen Sofa aus global traden. Und es kostet längst nicht mehr die Welt. Denn grundsätzlich machen Onlinebroker den Börsenhandel in Süd- und Nordamerika heute ebenso einfach möglich wie in Japan, China oder Australien. Doch Vorsicht: Nicht jeder Onlinebroker ist dafür gleich gut geeignet. Einige ermöglichen noch immer nur den Handel an deutschen Börsen.
Und das ist längst nicht der einzige Unterschied: Bei einigen ist außerbörslicher Handel nicht möglich. Oder man kann keine Genussscheine, Wandel- oder Aktienanleihen traden. Jeder, der es beim Handel etwas spezieller mag, als DAX-Werte oder MSCI-World-ETFs auf Xetra zu ordern, sollte sich genau anschauen, was die einzelnen Onlinebroker fortgeschrittenen Tradern bieten und bei wem es Lücken gibt.
Hier versucht unser dreiteiliger Onlinebroker-Test Hilfestellung zu geben, damit jeder den Broker findet, der am besten zu ihm passt. Denn eines ist klar: Den besten Onlinebroker für jeden Anleger kann es nicht geben, weil jeder Privatinvestor andere Präferenzen hat.
Das wurde diesmal getestet
Im zweiten Teil unseres Tests von 14 bundesweit aktiven Onlinebrokern geht es zum einen um erweiterte Handelsmöglichkeiten (Xetra-Handel siehe Ausgabe 06/2022). Ein weiterer Schwerpunkt des zweiten Teils sind die Kosten beim Handel via Tradegate, an deutschen Regionalbörsen, an der London Stock Exchange, an der New York Stock Exchange sowie im außerbörslichen Bereich. Letzter der in dieser Ausgabe bewerteten Teilbereiche ist das Angebot an Informationen, Research, Beratung und digitaler Vermögensverwaltung. Insgesamt waren im zweiten Teil unseres Tests bis zu 1.575 Punkte von 4.500 maximal möglichen Punkten zu erreichen (siehe auch "So wurde gewertet").
Welche Wertpapiere lassen sich via Börse generell handeln?
Bei vielen Direktbanken und Onlinebrokern sind über normale Brokerage-Depots praktisch alle Wertpapiere an Börsen handelbar - also nicht nur Aktien, sondern auch Zertifikate, Fonds und ETFs bis hin zu Wikifolios. Jedoch gibt es auch hier Einschränkungen bei weniger gängigen Wertpapierklassen.
So bieten etwa ING Deutschland, Maxblue (der Onlinebroker der Deutschen Bank), NIBC Direct und Postbank keinen Handel von Wikifolios. Optionen und Futures lassen sich nur bei Consorsbank und Onvista uneingeschränkt online handeln.
Bei der Merkur Privatbank ist der Handel dieser Assetklassen dagegen ausschließlich telefonisch möglich. Die Comdirect bietet lediglich den Options-, aber keinen Futures-Handel an. Und bei der Onvista Bank wiederum ist das Handeln von Fremdwährungsanleihen ausgeschlossen.
An wie vielen Börsenplätze können Anleger in Echtzeit handeln?
Hier muss man zwischen Inlands- und Auslandsbörsen unterscheiden. Im Inland ermöglichen die meisten Onlinebroker das Traden via Xetra sowie bei allen Regionalbörsen, Tradegate, Gettex und Quotrix in Echtzeit. Wobei Tradegate sowohl bei Maxblue als auch bei der Targobank nur außerbörslich angeschlossen ist.
Und außerhalb Deutschlands? NIBC Direct und Targobank bieten überhaupt keinen Börsenplatz außerhalb Deutschlands an. Die ING offeriert jenseits der deutschen Grenzen lediglich den Handel an je drei Börsen in den Vereinigten Staaten und Kanada. Auch die Onvista Bank bietet in Europa außerhalb Deutschlands keinen einzigen Handelsplatz, außerhalb des alten Kontinents sind es lediglich drei Börsenplätze. Dagegen bietet etwa Comdirect europaweit die Direktanbindung an 40 und weltweit an weitere 23 Börsen. Bei Maxblue sind immerhin 21 europäische und 14 außereuropäische Börsen direkt angebunden. Und bei der 1822direkt sind es 20 Börsen in Europa sowie weitere 16 in aller Welt.
Was kostet eine Aktienorder direkt an der New Yorker Börse?
Auch das ist je nach Broker unterschiedlich. Hier ist Flatex unterm Strich mit 5,93 Euro bei einer Ordergröße von umgerechnet 2.500 Euro am günstigsten. Schon der Zweitgünstigste, die Onvista Bank, hinkt da mit Gesamtkosten von 15 Euro hinterher. Und bei anderen Anbietern kann unsere 2.500-Euro-Beispielorder an der Nyse mit allen Fremdkosten auch über 80 Euro kosten (siehe Tabelle unten, dort auch Angaben zu Orderkosten an der Börse in London).
Bieten alle Onlinebroker auch den außerbörslichen Handel von Aktien?
Nein, beileibe nicht. Sowohl die Merkur Privatbank, NIBC Direct als auch die Postbank bieten keinen umfassenden außerbörslichen Handel an, der auch Aktien einschließt.
Wo kann man auch am Wochenende außerbörslich handeln?
Das ist laut unserer Umfrage lediglich bei fünf Anbietern möglich: Comdirect Bank, Consorsbank, Maxblue, S-Broker und Smartbroker. Alle anderen Onlinebroker bieten am Wochenende keine Handelsmöglichkeiten an.
Wer offeriert die meisten Fremdwährungskonten?
Ganz klar: die Merkur Privatbank. Mit Konten, die auf insgesamt 23 fremde Währungen lauten können, hat sie hier das größte Angebot - gefolgt von Smartbroker mit 18 Fremdwährungen. Auf Platz 3 der S-Broker mit 17 solcher Konten. Fremdwährungskonten werden aber auch von Comdirect Bank (12), Consorsbank (9), Flatex (3), Maxblue (7) und - eingeschränkt - von der Onvista Bank (1) offeriert. Sechs Broker bieten keine Fremdwährungskonten an.
Wie sieht es mit den Gebühren bei Teilausführungen aus?
Auch hier ist die Lage von Broker zu Broker völlig unterschiedlich. Während bei ING Deutschland und S-Broker Teilausführungen auf Xetra, bei Tradegate, deutschen Regionalbörsen und an der New York Stock Exchange immer kostenlos sind - bei S-Broker zudem auch Teilausführungen an der London Stock Exchange -, ist dies bei vielen anderen Anbietern nur dann der Fall, wenn die Teilorders am selben Tag (also taggleich) ausgeführt werden. Je nach Börse und Onlinebroker kann es sogar sein, dass jede einzelne Teilausführung wie eine normale Order abgerechnet wird (siehe Tabelle unten).
Welcher Onlinebroker bietet im zweiten Teil des Tests das meiste?
Unterm Strich schnitt im zweiten Teil unseres dreiteiligen Tests die Comdirect am besten ab. Sie kam auf insgesamt 1.183,26 von 1.575 möglichen Punkten. Mit gut 40 Punkten Abstand folgt auf Platz 2 der erst seit relativ kurzer Zeit aktive Smartbroker. Dieser kam auf 1.142,69 Punkte und ließ viele Platzhirsche hinter sich. Bronze holte sich im zweiten Teil des Tests die Consorsbank mit 1.101,29 Punkten. Die 1.000-Punkte-Marke schafften mit Onvista Bank (1.082,21 Punkte), S-Broker (1.068,98 Punkte), Targobank (1.060,78 Punkte), Flatex (1.023,94 Punkte) und 1822direkt (1.004,94 Punkte) zudem noch fünf weitere Broker. Doch das ist lediglich das Resultat einer Etappe von insgesamt drei Etappen.
In der nächsten Ausgabe dreht sich im dritten und letzten Teil des Tests alles um Fondshandel, Sparpläne auf Fonds, ETFs, Zertifikate und Aktien sowie um Auszahlpläne. Und: Der Gesamtsieger wird gekürt.
So wurde gewertet
Im Test: 14 in Deutschland aktive Onlinebroker. Dabei wurden in 35 Kategorien mehr als 500 Aspekte der Standardkonditionen des jeweiligen Preismodells bewertet.
Bewertung: Insgesamt konnten maximal 4.500 Punkte erzielt werden. Diese verteilten sich wie folgt auf die drei Teile des Tests: Im ersten Teil gab es maximal 1.710 Punkte (siehe Ausgabe 06/2022). Im zweiten Teil (aktuelle Ausgabe) waren maximal 1.575 Punkte drin: Für möglichst viele handelbare Wertpapierklassen, Börsenplätze und Fremdwährungskonten sowie für einen möglichst umfassenden außerbörslichen Handel gab es maximal 900 Punkte. Geringe Kosten und Gebühren im Handel an deutschen Regionalbörsen, an der Euwax, der Londoner und der New Yorker Börse, im außerbörslichen Handel sowie auf Tradegate/Gettex brachten zusammen mit möglichst umfassenden Rabattangeboten bis zu 337,50 Punkte. Zudem wurde hier berücksichtigt, ob beim Zufluss ausländischer Dividenden, beim Hauptversammlungsservice (Einritts-/Abstimmungskarten) sowie bei der Umschreibung von Namensaktien Gebühren anfallen. Weitere 337,50 Punkte waren mit einem möglichst umfassenden Info-Angebot, möglichst vielen Wertpapierinformationen, individueller Wertpapierberatung und einer automatisierten Vermögensanlage - Stichwort Robo-Advisor - drin. Im dritten Teil (Ausgabe 08/22) sind mit Fondshandel, Wertpapier-Spar- und -Auszahlplänen bis zu 1.215 Punkte zu erzielen (Details nächste Ausgabe).
Platzierung: Je mehr Punkte ein Anbieter insgesamt erzielen konnte, desto besser die Platzierung.
Benotung: Der Beste der Gesamtwertung erhielt die Note "sehr gut +". Die von ihm erzielte Punktzahl war zugleich die Benchmark für die anderen Anbieter (mehr zur Benotung der Onlinebroker in der nächsten Ausgabe).