von Sandra Reich, Geschäftsführerin Börse Hannover
Mit dem Thema Nachhaltigkeit befassen sich immer mehr
Produktanbieter und Anleger. Allein 2014 kam eine zweistellige
Zahl nachhaltiger Publikumsfonds neu auf den
deutschen Markt. Den meisten Anlegern fällt es schwer, aus dem
Angebotsdschungel der nachhaltigen Geldanlagen das für sie passende
Produkt herauszufiltern. Das liegt auch daran, dass der Begriff
Nachhaltigkeit nicht einheitlich definiert ist. Die Fülle an echten
und "vermeintlich" nachhaltigen Anlagemöglichkeiten schafft
Verunsicherung aufseiten der Anleger. Was also können sie tun?
Anleger sollten zunächst ihr individuelles Interesse in den Fokus
rücken. Sie sollten festlegen, welche Ziele sie persönlich mit einer
nachhaltigen Anlagestrategie verfolgen. Je nach Angebot können
sie zum Beispiel den Einsatz von Solarenergie honorieren oder soziale
Führungsstrukturen in Unternehmen fördern. Um ein Gefühl
für die Spannweite der Möglichkeiten zu entwickeln, bietet
sich die ausgiebige Lektüre von Konzepten und Produktprospekten
an. Dabei zeigt sich dann schnell, dass wahrscheinlich kein
Angebot hundertprozentig perfekt zu den ganz individuellen Vorstellungen
des Anlegers passt.
Deshalb gilt: Anleger müssen sich für ein Angebot entscheiden,
das ihrem eigenen Bedürfnis nach nachhaltigem Investieren am
ehesten genügt. Und so ist bei der Auswahl nicht das Produktlabel
entscheidend. Schauen Sie nicht nur auf die Verpackung - lesen
Sie konkret den Inhalt. Ein Beispiel: Auch Fonds mit Klimaschutzbezug
können durchaus Unternehmen der Kernenergiebranche
enthalten. Anleger sollten deshalb darauf achten, dass Anbieter
eine höchstmögliche Transparenz über die Zusammensetzung
ihrer Produkte bieten. Nur dann ist es ihnen möglich, sich ein umfassendes
Bild zu machen, um anschließend eine fundierte Investmententscheidung
treffen zu können.
Eine wertvolle Orientierungshilfe ist vor diesem Hintergrund das
Nachhaltigkeitsbarometer der Börse Hannover. Lanciert 2007,
umfasst der "Global Challenges Index" (GCX) 50 internationale
Unternehmen, die unter ökologischen, sozialen und/oder ethischen
Aspekten wirtschaften. Um im GCX gelistet zu werden,
müssen sie strenge Auswahlkriterien erfüllen. Aufgenommen
werden nur Unternehmen, die globale Herausforderungen konsequent
angehen. Dazu zählen Klimawandel, Trinkwasserversorgung,
Erhalt der Artenvielfalt, nachhaltige Waldwirtschaft Bevölkerungsentwicklung,
Armutsbekämpfung und verantwortungsvolle
Führungsstrukturen. Umgekehrt gibt es Ausschlusskriterien.
So schaffen es Unternehmen nicht in den Index, die
etwa im Bereich Kernenergie oder Rüstung tätig sind oder gegen
Menschenrechte verstoßen. Anleger können online eine stets
aktuelle
und ausführliche Begründung für die Aufnahme jedes
einzelnen Unternehmens in den Index abrufen.
Zudem beurteilt zum Beispiel ein Beirat aus Mitgliedern von Kirchen,
Stiftungen und NGOs die Zusammensetzung und die Einhaltung
der Auswahlkriterien halbjährlich auf Basis eines branchenspezifischen
Katalogs. Wenn Aktien nicht mehr den strengen,
von der Börse Hannover gemeinsam mit der Nachhaltigkeits-
Ratingagentur Oekom Research entwickelten Kriterien genügen,
werden an ihrer Stelle neue Titel in den Index aufgenommen.
Klarheit über die eigenen Anlagebedürfnisse, eine auf Transparenz
basierende Auswahl und eine regelmäßige Überprüfung der
Depotzusammensetzung - mit diesen drei Punkten sind Anleger
auf einem guten Weg zu einer nachhaltigen Geldanlage. Und einer
erfolgreichen Geldanlage. Denn viele Performancedaten zeigen:
Rendite und Nachhaltigkeit können Hand in Hand gehen, wie
auch der GCX regelmäßig beweist. Denn Unternehmen, die sich
ökologischer, sozialer und ethischer Herausforderungen annehmen,
sind gut für die Zukunft aufgestellt, erzielen eine überzeugende
Wertschöpfung und sind am Aktienmarkt erfolgreich.
Sandra Reich
Dr. Sandra Reich ist Geschäftsführerin der Börse Hannover
und der Börse Hamburg und Vorstandsmitglied der BÖAG
Börsen AG. Die Diplom-Wirtschaftsjuristin (37) verfügt über
langjährige Erfahrung im Banken- und Börsenwesen. Sie kam
2004 zur BÖAG Börsen AG, der gemeinsamen Trägergesellschaft
der beiden Börsen Hamburg und Hannover. Seit 2013
ist Reich zudem Mitglied des Aufsichtsrats der Aurubis AG.