Doch das wird sich ändern. 80 Prozent der Aktien lagen bislang in festen Händen von Großaktionären und der Gründerfamilie. Um sich vor feindlichen Übernahmen zu schützen - 2008 versuchte etwa der Finanzinvestor Apax den Zugriff auf die Firmengruppe -, schlossen sich diese zu einer Schutzgemeinschaft zusammen und verpflichteten sich, Anteile nur untereinander zu handeln. Durch diesen Kniff war Paul Hartmann zwar vor Angriffen von außen sicher, kapitalmarktfähig war die Firma dadurch freilich nicht. Obendrein machte sich innerhalb der Gemeinschaft zunehmend Unmut breit, dass sich mit den intern gehandelten Aktien bei Weitem nicht die Preise des offiziellen Börsenkurses erzielen ließen. Zudem verursachte die Schutzkonstruktion steuerliche Probleme.
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Freier Zugang für Privatanleger
Am 28. November wurde die Schutzgemeinschaft schließlich aufgelöst. Der Streubesitz dürfte sich in den kommenden Monaten deutlich erhöhen, sodass die Aktie endlich einer breiten Anlegerschaft zugänglich sein wird. Für langfristig orientierte Privatanleger ist Paul Hartmann auf jeden Fall ein Investment wert. Die Firmengruppe aus dem baden-württembergischen Heidenheim gehört zu den ältesten deutschen Industriebetrieben und blickt auf eine fast 200-jährige Geschichte zurück. Einst entstanden als schlichte Baumwollspinnerei, wuchs der Betrieb über Jahrzehnte zu einer der größten deutschen Verbandstofffabriken und ist heute ein international breit aufgestelltes Konglomerat für Medizin- und Pflegeprodukte. Kerngeschäftsfelder sind Materialien zur Wundbehandlung, Inkontinenzversorgung und Desinfektion. Ergänzt wird das Portfolio durch Produkte für die Kompressionstherapie, zur Ersten Hilfe sowie zur Selbst-diagnose. Hierzulande dürfte es kaum einen Verbandskasten geben, in dem keine Produkte der Schwaben zu finden sind.
Das Geschäft ist krisensicher, beständig, und es brummt: In den ersten neun Monaten stieg der Umsatz um 4,5 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro, der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) erhöhte sich überproportional um 9,5 Prozent auf fast 100 Millionen Euro. Das Wachstum ist nicht exorbitant hoch, aber solide und nachhaltig. Der Umsatz wächst seit Jahren kontinuierlich, unter dem Strich werden immer Gewinne gemacht. Auch bilanziell steht Paul Hartmann auf solidem Fundament. Die -Eigenkapitalquote lag Ende 2014 bei über 55 Prozent, zudem führte der Konzern seine Nettoverschuldung von 59 Millionen Euro komplett zurück. Der operative Cashflow lag im vergangenen Jahr bei 170 Millionen Euro, als freier Cashflow blieben mehr als 100 Millionen Euro hängen, eine Steigerung von 130 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Schuldenabbau und die verbesserte Ertragskraft geben der Firma in den kommenden Monaten finanziell deutlich mehr Handlungs-spielraum für Wachstum und Investitionen. Auch mögliche Zukäufe wären nun leichter zu stemmen.
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Dividendenpolitik bei Paul Hartmann
Dividenden schüttet das Unternehmen ebenfalls regelmäßig aus. Zuletzt wurden 6,50 Euro pro Aktie bezahlt, im kommenden Jahr dürfte die Gewinnbeteiligung geschätzt auf 7,50 Euro steigen. Die zu erwartende Rendite liegt damit bei knapp zwei Prozent. Obwohl sich die Handelsumsätze bereits spürbar erhöhen konnten, hält sich der Kurs sehr stabil. Selbst die jüngste Marktkorrektur, bei der der DAX innerhalb weniger Wochen über 1200 Punkte verlor, ist an dem Entry-Standard-Titel völlig vorbeigegangen. Dass die Aktie kaum unter Abgabedruck gerät, liegt auch an der fundamentalen Bewertung des Titels, der selbst auf erhöhtem Kursniveau attraktiv gepreist ist. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis für das kommende Geschäftsjahr liegt nach Schätzung von BÖRSE ONLINE bei rund zwölf und lässt der Aktie angesichts der guten Positionierung in einer wachsenden und relativ konjunkturunabhängigen Branche in den kommenden Monaten noch viel Spielraum nach oben. Zumal durch die Auflösung der Schutzgemeinschaft und die breitere Börsenpräsenz irgendwann sicherlich auch wieder neue Übernahmefantasie aufkommen dürfte.