So erfahren die Marktakteure durch dieses Update, wie sich das allgemeine Interesse an Platin-Futures im Vergleich zur Vorwoche entwickelt hat. Ablesbar wird dies durch die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest), wobei ein Future den Gegenwert von 50 Feinunzen Platin repräsentiert. Besonders intensiv verfolgen Anleger beim Commitments of Traders-Report aber, welche Transaktionen die unterschiedlichen Gruppen von Marktakteuren per Saldo getätigt haben.
Daraus lässt sich dann die aktuelle Stimmung der kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) ablesen und man erkennt aufgrund der jeweiligen Long- bzw. Short-Positionen, wer optimistischer, wer skeptischer und wer pessimistischer geworden ist.
Zahl offener Kontrakte steigt
Nach mehrwöchiger Durststrecke ging es in den vergangenen beiden Wochen mit der Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) erstmals wieder bergauf. Innerhalb dieses Zeitraums war nämlich ein Anstieg von 80.600 auf 90.500 Kontrakte (+12,3 Prozent) registriert worden. Noch deutlicher tendierte seit Ende Dezember der Optimismus großer Terminspekulanten nach oben. Deren Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) vervielfachte sich nämlich innerhalb von vier Wochen von 16.300 auf 42.900 Futures (+163 Prozent), weil die Long-Position während dieses Zeitraums um 11.600 ausgebaut wurde und zugleich eine Reduktion des Short-Exposure um über 15.000 Futures zu beobachten war.
Unter kleinen Terminspekulanten war hingegen eine gegenläufige Entwicklung zu beobachten. Sie sind tendenziell skeptischer geworden und haben seit dem Jahreswechsel ihre Netto-Long-Position von 6.100 auf 5.900 Futures (-3,3 Prozent) leicht zurückgefahren. Fazit: Nach der durch den VW-Abgasskandal ausgelösten Verkaufswelle scheint der Platinmarkt das Schlimmste erst einmal überstanden zu haben.
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Platin - charttechnisch extrem spannend
Im vergangenen Jahr vollzog der Platinpreis einen Seitwärtstrend zwischen 880 und 1.030 Dollar. Zweimal scheiterte das Edelmetall an der oberen Begrenzung, während der Boden dreimal erfolgreich getestet wurde. Anfang Januar "knackte" Platin sowohl die mittelfristige 100-Tage-Linie als auch die langfristige 200-Tage-Linie und löste dadurch ein besonders starkes Kaufsignal aus.
Beide Durchschnittslinien verliefen im Bereich von 940 Dollar und sind mittlerweile vom Abwärts- in den Aufwärtsmodus gewechselt, was in der Chartlehre als Trendwechselsignal interpretiert wird. Doch es gibt auch Aspekte, die zu erhöhter Vorsicht mahnen. So droht zum Beispiel dem Timingindikator Relative-Stärke-Index ein Rutsch unter die Marke von 70 Prozent und somit ein eindeutiges Verkaufssignal. Die Chance auf ein nachhaltiges Überwinden der charttechnischen Hürden dürfte derzeit allerdings weniger ausgeprägt als die Wahrscheinlichkeit eines technisch bedingten Rückschlags.
Hohe Nachfrage
Auch unter fundamentalen Aspekten droht dem Platinmarkt in diesem Jahr wenig Ungemach. So prognostiziert zum Beispiel das World Platinum Investment Council (WPIC) ein globales Nachfrageplus von zwei Prozent und einen Rückgang des Angebots um ein Prozent, was vor allem auf die Förderprobleme in Südafrika zurückzuführen sei. Insgesamt rechnet die Organisation mit einem Angebotsdefizit von 275.000 Feinunzen. Vor diesem Hintergrund sehen die Perspektiven des Platinpreises - trotz der drohenden charttechnischen Korrektur - gar nicht so schlecht aus.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.