Zwar liegen im Fall der Therapeutika Konzerne aus der Schweiz, Großbritannien und den USA vorn. Doch bei Produktion und Verteilung spielen auch deutsche Standorte eine Rolle.

Der US-Konzern und Biontech-Partner Pfizer stellt sein Medikament Paxlovid gegen schwere Covid-Verläufe hauptsächlich in Freiburg her. Nach Erhalt und Genehmigung des Wirkstoffs startet der Prozess zum Mischen, Granulieren, Pressen und Beschichten der Tabletten, sagt eine Sprecherin. "Ein Team von Qualitätsexperten stellt sicher, dass die höchsten Standards eingehalten werden." Zudem werde in Freiburg, wo 1700 Menschen für Pfizer arbeiten, mit der Verpackung begonnen.

Der Pharmariese geht davon aus, in diesem Jahr weltweit mindestens 120 Millionen Einheiten fertigzustellen - davon rund 30 Millionen in der ersten Jahreshälfte. "Wir sind dabei, zusätzliche Kapazitäten zu schaffen und die Produktion weiter hochzufahren", kündigte Pfizer an.

Die Bundesregierung hat bereits eine Million Packungen von Paxlovid bestellt. Mit ersten Lieferungen rechnet Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) noch im Januar. Das Mittel eigne sich insbesondere für die Behandlung ungeimpfter Risikopatienten, heißt es. Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat schon eine Notfallzulassung für das Medikament ausgesprochen, in der EU läuft die Prüfung noch.

Eine weitere Arznei ist Roactemra vom Schweizer Konzern Roche. Sie wird gegen eine überschießende körpereigene Immunabwehr bei stark fortgeschrittenen Corona-Erkrankungen verabreicht. Das in der EU zugelassene Mittel wird unter anderem in Mannheim verpackt und abgefüllt. Dort und am bayerischen Standort Penzberg arbeiten mehr als 1000 Beschäftigte in der Sterilabfüllung für den globalen Markt.

Gegen Corona-Erkrankungen im frühen Stadium lassen sich außerdem Antikörper einsetzen - dazu forschen auch Universitäten, zum Beispiel die Medizinische Hochschule Hannover. Roche bietet etwa das Präparat Ronapreve mit den Antikörpern Casirvimab und Imedvimab an. Diese werden in den USA produziert, im südbadischen Grenzach ist die Qualitätssicherung und Freigabe der Chargen für Europa angesiedelt.

Medikamente gelten als Säule der Corona-Bekämpfung. Sie sind aber im Vergleich zu Impfungen teurer und in der Anwendung oft komplizierter. "Der große Gamechanger sind sicherlich die Impfstoffe, nicht die Therapeutika", sagt der Münchner Infektiologe Christoph Spinner. Therapeutika seien jedoch eine wichtige Ergänzung für "Menschen, die beispielsweise wegen einer chronischen Erkrankung nicht geimpft werden und damit keinen vergleichbaren Immunschutz aufbauen können".

Bei der Behandlung von Covid-Patienten kommt auch das Medikament Dexamethason zum Einsatz, das der Darmstädter Pharmakonzern Merck unter dem Namen Fortecortin vermarktet. Das patentfreie Mittel - schon seit langem in mehreren Anwendungsgebieten zugelassen - hilft bei der Sauerstoffgabe oder künstlichen Beatmung Corona-Kranker. In Darmstadt stellt Merck aus dem aktiven Wirkstoff alle flüssigen, injizierbaren Formen her. Das Dax-Unternehmen habe Zulassungen bei Covid-19-Indikation unter anderem für Deutschland, Österreich, die Schweiz und Tschechien, sagt ein Sprecher. "Weitere Aktivitäten für Nicht-EU-Länder laufen."

Auch deutsche Firmen forschen an Corona-Arzneien. Laut dem Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) sind 37 Präparate in der Entwicklung. Zugelassen ist aber noch keines. "Die Produktion von Corona-Impfstoffen ist in Deutschland in kurzer Zeit gewachsen und hat die Bedeutung des Pharmastandorts gesteigert", so Rolf Hömke vom vfa. Getrieben von der Impfstoffnachfrage soll der Umsatz der Branche Schätzungen zufolge dieses Jahr um 8 Prozent zulegen. Deutschland sei stark in komplexen Produktionsprozessen. "Bei Corona-Therapeutika ist die Chance ebenfalls da, dass die Produktion ausgeweitet wird."

In den USA gibt es für den Wirkstoff Molnupiravir des Unternehmens Merck & Co., das hierzulande als MSD auftritt und in Burgwedel bei Hannover auch einen Ebola-Impfstoff herstellt, eine Notfallzulassung. Bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA liegt ein Antrag vor.

Die Produktion ist in Amerika, in den Niederlanden wird die Substanz dann für den deutschen Markt konfektioniert. "Ende November hat die EMA eine wissenschaftlich begründete Empfehlung zur Nutzung von Molnupiravir in der Behandlung von Covid-19-Patienten ausgesprochen", sagt Klaus Schlüter, medizinischer Direktor bei MSD. "Auch wenn der offizielle Zulassungsprozess noch läuft, darf das Mittel nach Prüfung durch die jeweiligen Behörden in den EU-Staaten angewendet werden."

Mit dem Bundesgesundheitsministerium habe man für Dezember und Januar ein erstes Kontingent von 80 000 Einheiten vereinbart. "Die Ware wird über elf Anlaufstellen im Pharmagroßhandel vertrieben und kann von Apotheken für Patienten bestellt werden, wenn eine Indikation durch ärztliche Verschreibung vorliegt", so Schlüter. Es liefen Gespräche, um weitere Mengen auch für Deutschland zur Verfügung zu stellen.

dpa-AFX