Der Vorwurf: Der DFB hätte die Einnahmen aus der Bandenwerbung bei Länderspielen der Nationalmannschaft in den Jahren 2014 und 2015 versteuern müssen - insgesamt 4,7 Millionen Euro, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. DFB-Präsident Fritz Keller, der erst seit 2019 im Amt ist, sagte den Behörden die Unterstützung des Verbandes zu: "Ich bin angetreten für volle Transparenz, und ich bin für Aufklärung, um einfach eine saubere Zukunft für den Fußball zu haben", sagte er am Mittwoch in Berlin.
Die Staatsanwaltschaft sprach vom "Verdacht der Hinterziehung von Körperschafts- und Gewerbesteuern in besonders schweren Fällen". Die Ermittler halten die Verträge zwischen dem DFB und dem schweizerischen Sport-Vermarkter Infront Sports für zweifelhaft. Der Verband habe die Rechte zur Vermarktung der Werbeflächen bei Länderspielen für die Jahre 2014 bis 2018 zwar an die Schweizer vergeben, doch seien die Werbepartner nicht von Infront ausgewählt worden. Der DFB habe dem Vermarkter vielmehr vorgeschrieben, keine Konkurrenten seiner Sponsoren wie Mercedes (Daimler) und Adidas zu berücksichtigen. Steuerlich fällt das ins Gewicht: Denn dann wären die Einnahmen aus der Rechtevergabe nicht steuerfrei gewesen, sondern Teil des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs - und damit zu versteuern.
Eine Steuernachzahlung würde den reichen DFB weniger treffen als ein Verlust der steuerlichen Gemeinnützigkeit. Die Staatsanwaltschaft hegt nach bisherigen Ermittlungen den Verdacht, dass die Verantwortlichen die Einnahmen bewusst falsch verbuchten, um dem DFB einen Steuervorteil zu verschaffen. 2013, als der Vertrag geschlossen wurde, war Wolfgang Niersbach DFB-Präsident, 2016 übernahm Reinhard Grindel das Amt. Die Wohnung des niedersächsischen früheren CDU-Politikers war einem Bericht von "Bild" zufolge ebenso von den Razzien betroffen wie das Haus des ehemaligen DFB-Vizes und Präsidenten von Borussia Dortmund, Reinhard Rauball, und von drei aktuellen Funktionären des Verbandes. Insgesamt waren 200 Beamte im Einsatz.
"SACHE DES EMPFÄNGERS"
Infront war rund 40 Jahre als Vermarkter für den DFB tätig. Die ehemals zum Imperium des Medienunternehmers Leo Kirch gehörende Firma aus dem schweizerischen Zug gehört seit 2016 der chinesischen Wanda Sports Group. Ein Infront-Sprecher sagte, man sei von der Razzia nicht betroffen. Weder bei Infront noch bei Mitarbeitern habe es Durchsuchungen gegeben. "Die steuerliche Deklaration von Einnahmen aus Vermarktungsverträgen ist Sache des Empfängers, also des ursprünglichen Rechtehalters DFB." Wie der Verband das gehalten habe, wisse Infront nicht.
Der DFB hatte erst vor wenigen Wochen die Zusammenarbeit mit Infront beendet. Auslöser waren Vorwürfe, dass Mitarbeiter des Vermarkters die Zeiten nicht korrekt abgerechnet hätten, in denen die Werbung auf den elektronischen Wechselbanden zu sehen war, und Geld in die eigene Tasche gesteckt hätten. Am Ende einigte man sich auf einen Vergleich. Bereits Anfang Juli hatte es Durchsuchungen gegeben, damals wegen Korruptionsverdachts gegen einen ehemaligen DFB- und einen früheren Infront-Manager.
rtr