Für Brasiliens Fernfahrer hat sich der Streik gelohnt. Staatspräsident Michel Temer akzeptierte ihre Forderungen nach geringeren Spritpreisen und niedrigeren Steuern. Der sich bereits abkühlenden Wirtschaft haben die Zugeständnisse jedoch geschadet. Konsumenten- und Unternehmervertrauen sind gesunken.

In vielen Teilen des Landes war es wegen unterbrochener Lieferketten im Mai zu Engpässen in der Lebensmittelversorgung und zu Produktionsverzögerungen gekommen. Wegen des Streiks müssen die Wachstumsprognosen nach unten korrigiert werden. Statt um zwei Prozent wird laut Bank Itau das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr nur um 1,7 Prozent zulegen. Anfang des Jahres waren die Analysten noch von drei Prozent ausgegangen.

Politische Unsicherheit



Auch die Anleiheinvestoren finden wenig Gefallen an dem Entgegenkommen der Regierung. Das Haushaltsdefizit von aktuell über acht Prozent dürfte sich ausweiten, die Staatsverschuldung droht auf 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu klettern. Eine Kehrtwende ist nicht in Sicht. Für die dringend notwendige Rentenreform, die den Staatshaushalt deutlich entlasten würde, findet sich im Parlament derzeit keine Mehrheit.

Unter den Investoren wächst zudem die Unsicherheit über den Ausgang der im Oktober stattfindenden Präsidentschaftswahlen. Noch ist unklar, ob der in den Umfragen trotz Inhaftierung führende frühere linke Staatspräsident Lula da Silva antreten darf. Dem Kandidaten der Rechten, Jair Bolsonaro, wird ebenfalls nur begrenzter Reformwille attestiert.

Ausländische Anleger ziehen daher Gelder ab, zumal der US-Dollar an Stärke gewinnt. Das drückt den Kurs des brasilianischen Real. Gegenüber dem Greenback gab er seit Ende März 15 Prozentpunkte ab. Im Vergleich zum Euro ist Brasiliens Währung in den vergangenen drei Monaten um über acht Prozent gefallen. Sollte der Devisenkurs weiter sinken, dürfte jedoch der Druck auf die brasilianische Notenbank wachsen, die Zinsen zu erhöhen.

Aktuell steht der Selic genannte Leitzins auf dem historisch niedrigen Niveau von 6,5 Prozent. Von einem dann sich wieder erholenden Real profitieren Anleger, die den jüngst emittierten Bond der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (siehe Kasten) kaufen. Der hohe Kupon von 7,5 Prozent relativiert zwar das Risiko. Mut und möglicherweise Geduld sind dennoch erforderlich.