Regierungssprecher Steffen Seibert schloss zudem einen erneuten Lockdown für Geimpfte aus: "Man kann den Geimpften sagen, dass sich für sie, auch wenn jetzt die (Infektions-)Zahlen weiter ansteigen, nichts ändern wird", sagte er. Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Montag einen erneuten starken Anstieg der Corona-Infektionen.

Bereits am Sonntagabend hatte Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet eine schnelle Änderung des Infektionsschutzgesetzes gefordert. "Die 50er Inzidenz im Gesetz hat ausgedient", sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Montag im ZDF. Das Corona-Kabinett beschloss, dass Spahn den Fraktionen nun einen Vorschlag erarbeiten soll, damit die Abschaffung der bisher im Infektionsschutzgesetz festgelegten Sieben-Tages-Inzidenzen von 35, 50 und 100 noch vor der Bundestagswahl beschlossen werden kann. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner sich innerhalb einer Woche mit dem Coronavirus angesteckt haben.

Frühere Corona-Einschränkungen wurden stets an Infektions-Grenzwerte geknüpft. Die Inzidenz verliert aber wegen der steigenden Impfquote an Aussagekraft. Nun soll ermittelt werden, wie viele Corona-Infizierte pro 100.000 Einwohner in einer Woche ins Krankenhaus müssen. Derzeit liegt der Wert nach Angaben eines Sprechers des Gesundheitsministerium bei 1,3. Auf dem Höhepunkt der zweiten Welle betrug er zehn bis zwölf. Von diesen Patienten landet dann wiederum ein Teil mit schweren Krankheitsverläufen auf den Intensivstationen. Man wolle eine erneute Belastung der Ärzte und Pfleger wie im Winter auf jeden Fall vermeiden, sagte Regierungssprecher Seibert. Wo der neue Hospitalisierungs-Grenzwert liegen soll, ist nach Angaben des Gesundheitsministeriums noch unklar, weil für ländliche und städtische Gebiete die Belastung des Gesundheitssystems unterschiedlich sei.

Seibert sprach am Montag von einer "Pandemie der Ungeimpften". Mittlerweile seien laut Robert-Koch-Institut 90 Prozent der in Krankenhäuser eingewiesenen Corona-Patienten nicht geimpft. Der Anteil der Ungeimpften auf den Intensivstationen mache sogar 94 Prozent aus. Am Montag wurden 769 Corona-Patienten auf Intensivstationen in Krankenhäusern gemeldet. Der Wert ist noch deutlich niedriger als bei früheren Corona-Wellen, steigt aber kontinuierlich und schnell an. Am Montag vor einer Woche wurden noch 541 Menschen auf Intensivstationen behandelt.

Mit dem überall verfügbaren Impfangebot hatte sich die Debatte völlig gedreht. Neben Laschet hatte auch SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz gefordert, dass es keinen erneuten Lockdown geben dürfe. Mehrere Spitzenpolitiker warben erneut dafür, dass sich möglichst viele Menschen impfen lassen.

RKI MELDET STARK STEIGENDE INFEKTIONSZAHLEN


Derzeit steigen nach Angaben des RKI sowohl die Impfquote als auch die Sieben-Tage-Inzidenzen an. Bis Montag haben 64,1 Prozent der Gesamtbevölkerung mindestens eine Impfdose erhalten, vollständig geimpft waren 59 Prozent. Am Montag meldete das RKI aber gleichzeitig einen weiteren deutlichen Anstieg der Infektionszahlen. Registriert wurden 3668 neue Positiv-Tests, das waren 1542 mehr als am Montag vor einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg auf 56,4 von 54,5 am Vortag. Vier weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. In einigen Regionen steigen die Zahlen sehr rasch an. So verzeichnet Leverkusen als erster deutscher Kreis wieder eine Inzidenz von mehr als 200.

Die Zahlen nehmen vor allem in den Bundesländern zu, in denen die Schulferien enden. Der Anstieg wird vor allem mit der Zahl der Reiserückkehrer und dem Schulstart nach den Ferien erklärt. Besonders stark wachsen laut RKI die Infektionszahlen vor allem in den jüngeren Altersgruppen, die entweder nicht geimpft werden können (Kinder bis zwölf Jahre) oder bei denen die Impfquote sehr gering ist (zwölf bis 16 Jahre).

Die politische Debatte kreist stärker um die Frage, ob Nicht-Geimpfte künftig der Zugang zu Veranstaltungen in Innenräumen verwehrt werden soll. Bund und Länder setzen derzeit auf ein 3G-Konzept, das Geimpfte, Genesene und Getestete gleichstellt. Einige private Firmen und Sportvereine wenden aber bereits eine sogenannte 2G-Regel an, die nur Geimpften und Genesenen Zutritt erlaubt.

rtr