Der bisherige FPÖ-Innenminister Kickl, damals Generalsekretär, steht ebenso unter Druck. Auch auf Landesebene könnte der Skandal Konsequenzen haben und unter anderem zu einem Auseinanderbrechen der SPÖ/FPÖ-Koalition im Burgenland führen.
Bis September will Bundeskanzler Kurz (ÖVP) die Regierungsgeschäfte weiterführen, nach aktuellem Stand in Zusammenarbeit mit den bisherigen FPÖ-Ministern. Mit Blick auf zukünftige Koalitionsmöglichkeiten bahnt sich - wieder einmal - eine große Koalition aus ÖVP mit dem Juniorpartner SPÖ an. Erstere käme, gemäß jüngsten Umfragen, auf 30 bis 35% der Stimmen, die SPÖ auf 25 bis 30%. Rein rechnerisch könnte die bisherige Koalition fortgesetzt werden (die FPÖ lag zuletzt bei 20 bis 25%).
Allerdings berücksichtigen diese Zahlen noch nicht den Videoskandal und dessen Folgen, was der FPÖ-Wählergunst zusetzen dürfte - wie sehr, bleibt spannend. Zudem dürfte sich nach den Ereignissen der letzten Tage die Bereitschaft der ÖVP, erneut mit der FPÖ zu koalieren, eher in Grenzen halten.
Bis zu den Neuwahlen im Herbst und dem vorangehenden Wahlkampf sind nunmehr kaum Impulse aus Wien zu erwarten. Sehr fraglich ist zudem, ob die erst vor kurzem vorgestellte Steuerreform - eines der Hauptprojekte der türkisblauen Regierung - überhaupt umgesetzt wird. Sollte es im Herbst zu einer Wiederauflage der großen Koalition kommen, dürfte - zumindest auf Basis der historischen Erfahrungen - der Reformeifer eher begrenzt ausfallen. Insbesondere die seit langem fällige, selbst von der aktuellen Regierung nicht auf den Weg gebrachte, Rentenreform dürfte damit weiter auf sich warten lassen. Mit dem nun herrschenden politischen Vakuum und einer möglichen großen Koalition dürften die positiven Reformimpulse nun wieder schnell versanden.
Stefan Bielmeier ist Chefvolkswirt der DZ-Bank.
Stefan Bielmeier ist Chefvolkswirt der DZ-Bank.