Dort sollen aufwendigere Nachrüstungen an den Motoren zumindest geprüft werden, um Fahrverbote zu vermeiden.

Mitten im Bundestagswahlkampf treffen sich am Mittwoch unter Leitung der beiden Ministerien Vertreter von Autoindustrie, Ländern und Kommunen, um Wege zur Vermeidung von Fahrverboten in den Städten zu finden. Geplant sind Nachrüstungen per Software-Updates für Euro-5 und Euro-6-Diesel für bis zu neun Millionen Autos in Deutschland, mit denen die Stickoxid(NOx)-Belastung gesenkt werden kann. Allerdings gibt es Zweifel, ob dies ausreicht, um die von verschiedenen Kommunen angedrohten Fahrverbote auszubremsen. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte daran am Freitag ebenfalls Zweifel geweckt.

Nachrüstungen mit neuem Abgassystem sind technisch schwieriger und vor allem deutlich teurer, weshalb die Industrie sie vermeiden will. Angesichts der von mehreren Kommunen angedrohten Verbote sind die Verkaufszahlen von Diesel-Fahrzeugen zuletzt deutlich zurückgegangen.

Wie das Verkehrsministerium machte auch das Umweltressort von Barbara Hendricks (SPD) klar, dass es einen gemeinsamen Forderungskatalog der Regierung an die Autoindustrie geben werde. Wie weitreichend dieser sein wird, war allerdings noch offen: Während das Umweltministerium erklärte, weitergehende Nachrüstungen der Autos seien nötig, sprach das Verkehrsministerium lediglich von einer Prüfung.

UMWELTHILFE HÄLT FAHRVERBOTE OHNEHIN FÜR UNVERMEIDLICH



Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kündigte an, sie werde ihre Klagen gegen die Luftreinhaltepläne von Kommunen fortsetzen, wenn es nur bei Software-Updates bleibe. "Wir werden uns nicht abspeisen lassen mit irgendeinem Schummelbeschluss", sagte DUH-Chef Jürgen Resch. "Wir werden alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen." Nach seinen Angaben kosten umfangreicheren Nachrüstungen für die Diesel-Flotte pro Fahrzeug etwa 1500 Euro, die Software-Updates werden mit um die 100 Euro kalkuliert. Fahrverbote hielt Resch ohnehin für unvermeidbar, da solche Nachrüstung kurzfristig nicht möglich seien.

Politiker aller Parteien hatten auch angesichts von Kartellvorwürfen ihre Tonlage gegenüber der Industrie verschärft. Dobrindt hatte es furchtbar genannt, dass die Marke "Made in Germany" Schaden nehme. Sein CSU-Parteichef Horst Seehofer kritisierte, der Branche fehle es an Transparenz und Demut. Der bayerische Ministerpräsident zeigte sich zudem erstmals offen für die Zulassung einer Art von Sammelklagen, mit denen sich Kunden gegen die Autobranche zusammenschließen könnten. Ein entsprechender Vorstoß des SPD-geführten Justizministeriums war in der Vergangenheit auch am Widerstand von Dobrindt gescheitert. Sein Sprecher sagte jetzt, der Minister sei grundsätzlich offen dafür. Es komme auf die konkrete Form an.

Das Bundeskanzleramt mahnte die Branche zwar ebenfalls zu Ehrlichkeit. Berechtigte Kritik müsse aber im Bewusstsein geäußert werden, dass es um strategisch wichtige Industrie für Deutschland gehe, sagte Vize-Rgierungssprecherin Ulrike Demmer.

AUTO-BETRIEBSRÄTE IN SORGE



Die Betriebsräte der Autoindustrie warnten vor einer pauschalen Ächtung des Diesels. Einfahrverbote in Großstädte zögen einen dramatischen Rückgang des Diesel-Anteils nach sich, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der Betriebsräte aller deutschen Autobauer und der großen Zulieferbetriebe mit der IG Metall. Neben Nachbesserungen sei ein beschleunigter Austausch von alten Dieselautos in kommunalen Fuhrparks oder bei Taxiunternehmen nötig. Dazu schlägt die IG Metall eine staatlich finanzierte Abwrackprämie vor. Solche Kaufanreize treffen in der Regierung aber auf Ablehnung.

Einer Emnid-Umfrage zufolge plädieren die Deutschen mehrheitlich für gezielte Fahrverbote in belasteten Gebieten. Nach der von Greenpeace in Auftrag gegebenen Erhebung sind 57 Prozent der Befragten dafür, dass Diesel-Autos mit hohem Schadstoffausstoß nicht mehr in Stadtteilen mit besonders schlechter Luft fahren sollten. 39 Prozent lehnen solche Verbote ab, berichtete die "Rheinische Post".

rtr