Sie könnte Eichel-Rente heißen. 2002 beschloss die rot-grüne Bundesregierung: Jedes Pflichtmitglied der gesetzlichen Rentenversicherung hat das Recht, Teile seines Gehalts in Beiträge für die betriebliche Altersvorsorge umzuwandeln. Ausgearbeitet wurde das Vorhaben im Bundesfinanzministerium. Damaliger Amtsinhaber: Hans Eichel. Doch der Politiker hat sich mit seinem Namen nicht durchgesetzt. Kein Wunder: Eichel selbst sah das Projekt nicht uneingeschränkt positiv.

Der Mechanismus ist ähnlich wie beim Riestern und Rürupen (siehe Seiten 52/53 und 56): Auch die Entgeltumwandlung in der betrieblichen Altersversorgung, so die offizielle Bezeichnung dieser Art der betrieblichen Altersvorsorge, wird staatlich gefördert. Häufigster Weg bei Neuverträgen ist die Entgeltumwandlung mittels Direktversicherung (Achtung Falle: Diesen Begriff nutzen auch -Onlineversicherer ohne Filialnetz. Mit der hier gemeinten Bedeutung hat das aber nichts gemein). Der Arbeitgeber schließt für den Arbeitnehmer eine Police ab, in die ein Teil seines Gehalts fließt.

Der Clou: Aktuell darf jeder Arbeitnehmer bis zu vier Prozent der sogenannten Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Abzug von Steuern und Sozialabgaben einzahlen. Das sind derzeit 3048 Euro pro Jahr. Steuerfrei sind unter bestimmten Voraussetzungen zusätzliche 1800 Euro jährlich möglich. Ab Anfang 2018 sind sogar acht Prozent der - dann erhöhten - Beitragsbemessungsgrenze steuerfrei. Das sind stolze 6240 Euro pro Jahr. Die zusätzlichen 1800 Euro entfallen, die Grenze von vier Prozent bei den Sozialabgaben bleibt.

Grundidee hinter der staatlichen Förderung: Im Ruhestand zahlen die meisten Arbeitnehmer geringere Steuern als während der Berufstätigkeit, außerdem können Sozialabgaben sinken oder komplett entfallen. All dies führt unter bestimmten Voraussetzungen zu erheblichen finanziellen Vorteilen.

Direktversicherungen gibt es in zwei Varianten: Am weitesten verbreitet ist die klassische Form mit Garantiezins. Die zweite Möglichkeit sind Fondspolicen, die höhere Chancen bieten, aber Kursrisiken bergen. Hier haftet der Arbeitgeber dafür, dass bei Vertragsende das eingezahlte Kapital erhalten bleibt.

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Verzögerter Zinseszinseffekt



Die Eigenschaften von Direktversicherungen sind meist dieselben wie bei ungeförderten Policen (siehe Seiten 58 und 59). Ein gemeinsamer Nachteil: Die Abschlusskosten werden auf die Anfangszeit des Vertrags verteilt. Diese sogenannte Zillmerung bewirkt, dass oftmals auch nach Jahren weniger Geld im Topf ist als eingezahlt wurde - und der Zinseszinseffekt bei der Rendite erst stark verzögert zum Tragen kommt. Wichtig für die Rendite ist das Verhalten des Arbeitgebers. Er kann etwas zuzahlen, ist aber nicht dazu verpflichtet.

Für eine positive Entscheidung gäbe es gute Gründe: Immerhin spart der Chef Geld, wenn der Angestellte eine Entgeltumwandlung vornimmt, nämlich seinen Anteil an den Sozialabgaben. Das macht meist rund 20 Prozent der umgewandelten Abgaben aus - teilweise mehr als 500 Euro im Jahr. In anderer Hinsicht kommt dem Chef ebenso große Bedeutung zu: Er bestimmt den Versicherer. Wenn der Arbeitgeber Zugriff auf einen Gruppenvertrag hat, kann das wegen der Kostenersparnis sehr vorteilhaft sein.

Allerdings gibt es eine Reihe von Nachteilen bei der Entgeltumwandlung: Erstens bindet man sich ein Arbeitsleben lang, denn eine vorzeitige Auszahlung ist laut Gesetz ausgeschlossen. Zweitens kann ein Jobwechsel zu Problemen führen. Wenn der neue Arbeitgeber einen anderen Versicherer favorisiert und der Arbeitnehmer weiterhin die öffentliche Förderung einstreichen will, muss er sein Guthaben in einen neuen Vertrag überführen. Der kostet zwar keine neuen Abschlussgebühren, birgt aber unter Umständen Nachteile, zumal die Übertragung Monate dauern kann.

In jedem Fall nachteilig an der Entgeltumwandlung ist, dass die gesetzliche Rente durch die niedrigeren Sozialbeiträge später einmal geringer ausfallen wird. Weiteres Minus: Bei gesetzlich Kranken- und Pflegeversicherten werden in der Auszahlungsphase die vollen Beiträge fällig. Bei Kinderlosen sind das sage und schreibe 17,8 Prozent des Bruttoeinkommens, bei Rentnern mit Kindern immerhin 17,55 Prozent. Insofern gilt: Staatlich geförderte Betriebsrenten werden oft erst dann wirklich interessant, wenn auch der Chef mit einzahlt.

Genau das wird schon bald generell der Fall sein. Bei allen Wegen der Entgeltumwandlung muss der Arbeitgeber ab dem Jahr 2019 mindestens 15 Prozent auf die Einzahlungen des Arbeitnehmers zuschießen, wenn es sich um einen neuen Vertrag handelt. Bei alten Kontrakten ist er ab 2022 dazu verpflichtet. Und das ist nur Teil einer weitreichenden Reform, die Anfang kommenden Jahres startet und unter anderem auch eine sogenannte Zielrente umfasst.

Worum geht es hier? Bislang mussten bei Betriebsrenten stets Sicherheiten enthalten sein. Oft sind zumindest die eingezahlten Summen zu Rentenbeginn zu garantieren, und die monatlichen Auszahlungen an Betriebsrentner dürfen nicht sinken. Hingegen sind bei der Zielrente solche Zusagen explizit verboten. Ebenfalls neu: Bislang mussten sich Arbeitnehmer meist aktiv für eine betriebliche Altersvorsorge entscheiden. Die neue Rente hingegen ist unter bestimmten Voraussetzungen obligatorisch, sofern die Beschäftigten einen solchen Vertrag nicht explizit ablehnen.

Neue Form nur mit Tarifvertrag



Damit es in einer bestimmten Branche zu einer Zielrente kommt, muss erst ein entsprechender Tarifvertrag existieren. Unternehmen, die nicht tarifgebunden sind, bleiben außen vor - es sei denn, sie schließen sich freiwillig an. Die neue Rente startet offiziell Anfang 2018, wird aber vermutlich erst 2019 komplett eingerichtet sein, selbst wenn die Verhandlungen zwischen den Tarifpartnern glatt verlaufen sollten.

Zielrente hin, Direktversicherung her - ist der Abschluss einer betrieblichen Altersvorsorge generell sinnvoll? Der vermeintlich größte Vorteil sei zugleich das wichtigste Gegenargument, meint Ralf Scherfling, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: "Man kann zwar neben den Steuern auch Sozialabgaben sparen. Doch hat man dann auch weniger Ansprüche - bei gesetzlicher Rente, Arbeitslosengeld, Krankengeld und Elterngeld."

Seine Konsequenz: "Wer seine Altersvorsorge plant, hat sehr viele Alternativen, ob ungefördert oder staatlich gefördert. Die betriebliche Altersvorsorge ist nach Abwägung aller Vor- und Nachteile bisher selten erste Wahl."