Auf der traditionellen Halbjahreskonferenz verkündete Hans Joachim Reinke, Vorstandsvorsitzender von Union Investment, abermals Rekordzahlen. Bei den Genossen zahlt es sich inzwischen aus, dass sie bereits vor fünf Jahren mit der Privatfonds-Reihe eine neue Generation von Multi-Asset-Lösungen auf den Markt gebracht haben. Sie sind inzwischen zum Absatzrenner von Union Investment geworden. Insgesamt wurden im ersten Halbjahr 13,9 Milliarden Euro eingesammelt. Das bedeutet einen neuen Rekord für das erste Halbjahr. Zu einer Prognose für das Gesamtjahr 2015 wollte sich Hans Joachim Reinke jedoch nicht durchringen. Aber man kann davon ausgehen, dass das Geschäft weiterhin brummen wird. Denn Vertriebsprofi Reinke sieht im Absatz noch viel Luft nach oben. Verglichen mit einem Marathonläufer sieht er die Union gerade erst aus dem Stadion laufen. Denn das Potenzial hat Union Investment noch lange nicht ausgeschöpft. Angesichts von gut 18 Millionen Mitgliedern von Kreditgenossenschaften, sind gut eine Million Fondssparpläne noch weiter ausbaufähig. So wuchs die Zahl der Verträge in den letzten zwölf Monaten um 19,7 Prozent auf 1 099 000 (im Vorjahr 918 000). Gefreut hat Reinke insbesondere, dass vier von fünf Euro der neuen Gelder in Substanzanlagen wie Aktien-, Misch- und Immobilienfondssparpläne geflossen sind. Insgesamt stieg die Zahl der Fondssparpläne in den letzten fünf Jahren um 46 Prozent, und das Volumen hat sich von 2,1 Milliarden Euro auf 6,9 Milliarden Euro mehr als verdreifacht.

Reinke sieht angesichts der Tatsache, dass nach wie vor rund 81 Prozent des Geldvermögens privater Haushalte in zinsbasierten Anlagen liegen, die fast keine Rendite mehr erwirtschaften, einen dringenden Handlungsbedarf. Er hat den Taschenrechner gezückt und nachgerechnet. In den vergangenen Jahrzehnten dauerte es meist rund zehn Jahre, bis man mit festverzinslichen Papieren sein Geld verdoppelt hatte. Im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends waren es schon 17 Jahre. "Heute braucht man bereits 94 Jahre zur Verdopplung. So kann niemand mehr Vermögen bilden und seinen Wohlstand sichern", warnt Reinke. Daher setzt sich Union Investment für eine Evolution des Sparens ein. Die Zeit des einfachen Geldverdienens sei für Anleger wie auch für Anbieter vorbei. Von nun an wird es laut Union Investment anspruchsvoller, auskömmliche Renditen zu erwirtschaften. Auch Reinkes Kollege Jens Wilhelm, Chefanleger bei Union Investment, mahnt, dass die Anleger nicht umhinkommen, mehr Risiken einzugehen. Denn kein Risiko einzugehen sei im anhaltenden Niedrigrenditeumfeld einfach das größte Risiko. Daher rät er neben einer Internationalisierung bei der Rentenanlage vor allem zur Aktie. Zumal der Rentenmarkt inzwischen auch sehr volatil sei. "Der Kurs der zehnjährigen Bundesanleihe schwankte zuletzt fast so stark wie der DAX", sagt Wilhelm. Daher rät er jedem zu einer weniger zinslastigen Ausrichtung bei der Kapitalanlage. Denn in Europa ist für Wilhelm noch keine Zinswende in Sicht. Er glaubt sogar, dass der Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB nicht wie geplant 2016 endet. "Damit können die Märkte gut leben und da wir zudem auch davon ausgehen, dass die Gewinne der Unternehmen aufgrund der Euroschwäche um rund 15 Prozent steigen werden, ist Gegenwind für den Aktienmarkt kaum in Sicht", sagt Wilhelm.

Aber der Union-Experte erwartet, dass sich Anleger mit der erhöhten Volatilität abfinden müssten. Einen linearen Anstieg sieht er kaum. Denn die derzeitigen Brandherde Griechenland und auch China werden uns laut Wilhelm auch die nächste Zeit weiter begleiten. Von der US-Zinswende, die bereits ab September oder Oktober dieses Jahres schrittweise eingeleitet werden könnte, sieht er kaum negative Auswirkungen. "Die US-Wirtschaft ist darauf vorbereitet und präsentiert sich in einer soliden Verfassung, wobei die FED darauf achten muss, kommunikative Unfälle zu vermeiden", sagt er. Dennoch sind nicht US-Aktien, sondern europäische Aktien Wilhelms Anlagefavorit. Auch wenn er nicht gerne Punktprognosen abgibt, wagt er trotzdem den Blick in die Glaskugel. Am Jahresende sieht er den DAX bei etwa 12 500 Punkten und die zehnjährige Bundesanleihe bei 1,1 bis 1,2 Prozent. Den Euro/Dollar-Kurs sieht er bei etwa 1,05 Euro. Überraschendes wird - wenn Wilhelm recht behält - also kaum passieren.

jk