Frankfurt top, London floppt - das hat es bei Börsengängen (Initial Public Offerings, IPO) schon lang nicht mehr gegeben. So ist der chronisch IPO-schwache deutsche Finanzplatz plötzlich mit den Milliardenemissionen Auto1 und Vantage Towers bei den sechs weltweit größten Börsengängen des ersten Quartals 2021 vorn dabei und glänzt in Kontinentaleuropa an erster Stelle.
Demgegenüber hat sich der ehrgeizige IPO-Standort London, der eine weltweite Vorreiterrolle anstrebt, mit dem Börsendebakel beim Lieferdienst Deliveroo ein peinliches Eigentor geschossen. Die mit viel Vorschusslorbeeren versehene Deliveroo-Aktie sackte am ersten Handelstag um 26 Prozent ab. Der Börsenflopp zeigt nach Einschätzung von Finanzkreisen auch, wie Unternehmen inzwischen am Markt abgestraft werden, die den Trend zu Nachhaltigkeit nicht ernst genug nehmen. Das betrifft längst nicht mehr nur Umweltbelange, sondern auch den Umgang mit Mitarbeitern. Daran ändert auch die flapsige Bemerkung eines Deliveroo-Sprechers nichts, die Fahrer des Lieferdiensts würden ja zu nichts gezwungen.
Rekordserie bei IPOs
Nach Daten der Beratungsfirma EY stieg die Zahl der Börsengänge im ersten Quartal trotz Pandemie und konjunktureller Turbulenzen weltweit um 68 Prozent auf 391. Das Emissionsvolumen erhöhte sich um 223 Prozent auf 91,8 Milliarden Dollar. Das stärkste Wachstum bei der Anzahl der IPOs gab es in Europa (plus 240 Prozent). Die meisten Börsengänge wurden mit 134 (plus 52 Prozent) aber erneut in China registriert.
Auch in Deutschland setzt sich die Rekordserie fort. Am Mittwoch kündigte Europas größte Laborkette Synlab ihren Börsengang für das zweite Quartal an. Das Münchner Unternehmen will dabei 400 Millionen Euro einnehmen. Dabei sollen sowohl neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung als auch Anteile aus dem Bestand der Altaktionäre auf den Markt gebracht werden. Mit den Erlösen aus dem Börsengang sollen Schulden getilgt werden. Synlab zählt zu den Corona-Gewinnern und profitiert massiv von PCR-Tests.
Die Rekorde am deutschen Aktienmarkt locken weitere Firmen an die Börse. Bereits im März schaffte die Vodafone-Funkturm-Tochter Vantage Towers mit einer Bewertung von zwölf Milliarden Euro den größten Börsengang in Frankfurt seit 2018. Der Online-Gebrauchtwagenhändler Auto1 kam auf acht Milliarden Euro. Vor dem Sommer stehen weitere Emissionen an, darunter der Online-Autohändler MeinAuto, das Software-Unternehmen Suse oder die Internethändler About You und Mr. Spex.
Das Münchner Flugtaxi-Start-up Lilium wiederum strebt über einen leeren Börsenmantel (SPAC) einen Notiz an der US-Technologiebörse Nasdaq an. 2024 soll der kommerzielle Betrieb mit Flugtaxis starten.