Am Dienstagmorgen waren zehnjährige Bundesanleihen am Markt so stark gefragt, dass der Zinssatz auf minus 0,004 Prozent fiel. Damit werden mittlerweile alle Bundesanleihen bis zu einer Laufzeit von zehn Jahren am Markt mit einer negativen Rendite gehandelt.
BREXIT-FURCHT TREIBT ANLEGER IN SICHERE HÄFEN
Händler erklärten die derzeit starke Nachfrage nach Bundesanleihen vor allem mit einer nervösen Stimmung an den Finanzmärkten vor der Abstimmung über einen EU-Austritt Großbritanniens in der kommenden Woche. "Zur jetzigen Bewegung massiv beigetragen haben die sich verstärkten Unsicherheiten um einen möglichen Brexit, die die Investoren in den sicheren Hafen der Bundesanleihen treibt", kommentierte Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank.
Neben der Brexit-Furcht sieht Experte Kater aber auch die ultralockere Geldpolitik führender Notenbanken als eine Ursache für die starke Nachfrage nach vergleichsweise sicheren Bundesanleihen. Im Kampf gegen die ungewöhnlich niedrige Inflation versucht unter anderem die Europäische Zentralbank (EZB) mit einer immer aggressiveren Geldpolitik entgegenzuwirken. "Allerdings kommen die Notenbanken mit jedem Quartal, in dem sich nichts ändert, mehr unter Druck, ob ihre Rezepte noch die richtigen sind", sagte Kater.
BRITISCHES BOULEVARDBLATT EMPFIEHLT EU-AUSTRITT
"Risikoaversion und Knappheit sind nach wie vor die zentralen Treiber für die Märkte", kommentierten Anleiheexperten der Commerzbank. Zuletzt hatten Umfrageergebnisse gezeigt, dass die Befürworter eines Brexit mittlerweile in Führung liegen. Außerdem hatte mit der britischen Boulevardzeitung "The Sun" das auflagenstärkste Blatt des Landes zum Austritt aus der Europäischen Union aufgerufen.