Dieses Geld wird sicherlich auch seinen Weg an die Anleihenmärkte finden. Eine Rolle spielt nach Ansicht von vielen Börsianern auch die Wechselkurspolitik der Schweizer Notenbank (SNB): Denn sie will nicht, dass der Euro zum Franken weiter an Wert verliert. Die Renditen bei Staatsanleihen der Euro-Zone dürften daher auf absehbare Zeit unter Druck stehen.

"Die Ukraine-Krise ist bei der Entwicklung am Rentenmarkt ein ganz wichtiger Faktor", erklärt Analyst Sebastian Sachs von der Metzler Bank in Frankfurt. Die globale Gemengelage lasse die Anleger einfach auf Nummer sicher gehen - und da seien die Staatsanleihen die erste Wahl. Dabei sind die Zinsen für die Anleger mickrig: Die Rendite der für die Euro-Zone richtungsweisenden Bundesanleihen mit zehn Jahren Laufzeit fiel im August erstmals unter ein Prozent. Die französischen Pendants werfen gerade mal etwas mehr als ein Prozent, die italienischen und spanischen etwas mehr als zwei Prozent ab. Doch sei das für die auf Sicherheit bedachten Anleger zweitrangig, erklärt Sachs.

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EZB VERHILFT STAATEN ZU NEUER GLAUBWÜRDIGKEIT

Die Staaten waren als Schuldner zwar auf dem Höhepunkt der Euro-Schuldenkrise in Verruf gekommen. Doch inzwischen hat die EZB durch ihr Versprechen, im Rahmen ihres Mandates notfalls den Ländern zur Hilfe zu eilen, selbst griechische und portugiesische Staatsanleihen wieder en vogue gemacht. Und da die Bonds aus den südlichen Ländern mehr Zinsen als die Bundesanleihen bringen, sind auch sie gefragt.

Die Entwicklung ist für viele Börsianer überraschend. Noch zu Jahresbeginn hatte so mancher mit einer Rendite von über zwei Prozent für die zehnjährigen deutschen Bundesanleihen gerechnet. Zumal in den USA eine baldige Abkehr von der Null-Zins-Politik als unausweichlich gilt. Doch während die weltgrößte Volkswirtschaft auf Erholungskurs ist, leidet Europa unter dem neuen Ost-West-Konflikt um die Ukraine: So verlor im August die deutsche Industrie spürbar an Fahrt. Das Produktions- und Auftragsplus war so gering wie zuletzt vor mehr als einem Jahr, wie diese Woche aus der Markit-Umfrage unter 500 Betrieben hervorging. Dasselbe gilt für die Euro-Zone.

Angesichts dieser Entwicklung setzten die Anleger Händlern zufolge darauf, dass die EZB die Zinsen niedrig halten wird. Ohnehin will die Notenbank mit zweckgebundenen Geldspritzen vor allem im Süden des Währungsraums die Kreditvergabe wieder in Gang bringen. Zudem signalisierte EZB-Chef Mario Draghi Mitte des Monats auch noch das Anwerfen der Notenbankpresse, da die Preise in der Euro-Zone kaum noch steigen. Selbst wenn Draghi an diesem Donnerstag den Worten noch keine Taten folgen lassen sollte, rechnen die Märkte für die nächsten Monate mit einem Öffnen der Geldschleusen - so wie es die US-Notenbank Fed schon vor Jahren vorgemacht hat.

Auf Seite 3: SNB HÄLT WECHSELKURSPOLITIK FÜR ZENTRAL

SNB HÄLT WECHSELKURSPOLITIK FÜR ZENTRAL

Die Sorge um die heimische Wirtschaft ist es auch, die den Schweizer Notenbank-Chef Thomas Jordan umtreibt. "Das Umfeld für die Schweiz hat sich eindeutig verschlechtert", sagte er am Wochenende der Schweizer Zeitung "NZZ am Sonntag". Die makroökonomischen Risiken seien in den vergangenen Wochen größer geworden. Laut Börsianern spielt er damit auf den Anstieg des Schweizer Franken an. Denn der Euro war im August erstmals seit Dezember 2012 wieder unter 1,21 Franken gerutscht und damit in die Nähe der von der SNB als Untergrenze angesehenen 1,20-Franken-Marke. Angesichts der vielen Krisen halten die Investoren den Franken für die sicherere Alternative zum Euro.

Jordan hält es für zentral, dass die im September 2011 - die Schuldenkrise machte damals dem Euro zu schaffen - festgelegte 1,20-Franken-Marke nicht bricht, wie er gegenüber der "NZZ am Sonntag" betonte. In den vergangenen beiden Jahren habe die SNB nicht am Devisenmarkt eingreifen müssen, um diese Marke zu verteidigen. Händler vermuten allerdings, dass die Notenbank über die Anleihemärkte den Euro zum Franken gestützt hat und damit zum Renditeverfall beitrug. "Zuletzt konnte man die Charts zum Franken-Euro-Kurs fast passgenau auf die Rendite-Entwicklung im Euro-Raum legen", sagt ein Händler. Daily-FX-Analyst Jens Klatt macht daher auch die SNB-Politik für das Rendite-Tief verantwortlich. Die SNB selbst betont, dass sie bei ihrer Anlagepolitik sehr marktschonend vorgeht und signifikante Preisbewegungen vermeiden möchte.

Reuters