Der europäische Fernsehkonzern RTL bleibt trotz eines überraschend guten Jahresauftakts vorsichtig. Wegen der Fußball-Europameisterschaft und den Olympischen Spielen im Sommer dürfte das boomende Geschäft im ersten Quartal ein Strohfeuer bleiben, machte Finanzvorstand Elmar Heggen am Mittwoch im Reuters-Interview deutlich. Über das ganze Jahr gesehen, rechnet er nach wie vor mit einem stagnierenden Gewinn. "Das erste Quartal ist nicht zwingend ein verlässlicher Indikator für das Gesamtjahr."

Zur Begründung sagte Heggen, er erwarte, dass sich TV-Werbeumsätze vor allem in das erste Halbjahr verschieben, da Werbekunden ihre Ausgaben wegen der EM und Olympia vorzögen. Solche Sportereignisse verderben den Privatsendern gewöhnlich das Geschäft, weil die Zuschauer dann zu den Live-Übertragungen der öffentlich-rechtlichen Sender umschalten und Werbekunden deswegen bei den Privaten kaum Reklamespots buchen. Werbefinanzierte Sender wie RTL oder der deutsche Erzrivale ProSiebenSat geben sich in diesem Kampf traditionell geschlagen. Anders als Bezahlsender wie Sky hegen sie keine Hoffung, dass sich für sie ein Wettbieten um große, teure Sport-Senderechte auszahlen würde.

Im ersten Quartal jedoch zeigten sich die Werbekunden ungewöhnlich großzügig. Das Geld sprudelte nicht nur im lukrativen deutschen Markt, sondern auch in allen übrigen Ländern der Senderkette von den Niederlanden über Belgien und Frankreich bis hin nach Ungarn und Kroatien. "Es kommt nicht häufig vor, dass alle unsere Werbemärkte gleichzeitig im Plus sind", sagte Heggen. Die wichtigen Märkte in Frankreich und den Niederlanden, die im vergangenen Jahr schwächelten, hätten sich erholt.

Im ersten Quartal wuchs das Geschäft von RTL doppelt so stark wie erwartet. Dank seiner werbefinanzierten Sender in Europa und seines internationalen TV-Produktionsgeschäfts legten die Konzernerlöse um 9,5 Prozent auf 1,43 Milliarden Euro zu. Der Betriebsgewinn kletterte um 18 Prozent auf 229 Millionen Euro, der Überschuss sogar um 30 Prozent auf 138 Millionen Euro. Von Reuters befragte Branchenexperten hatten RTL lediglich einen Umsatz von 1,37 Milliarden Euro, ein Betriebsergebnis von 213 Millionen Euro und einen Überschuss von 133 Millionen Euro zugetraut.

Davon profitierte vor allem der Medienkonzern Bertelsmann, dem 75 Prozent der RTL-Aktien gehören. Das Betriebsergebnis (Operating Ebitda) der Unternehmensgruppe kletterte von Januar bis März um acht Prozent auf 500 Millionen Euro. Der Nettogewinn stieg um 30 Prozent auf 185 Millionen Euro. Dazu trug auch ein wichtiger Hoffungsträger aus der neuen Bildungssparte bei, die Bertelsmann aufbaut: Der US-Online-Kursanbieter Relias habe neben RTL und der Dienstleistungstochter Arvato das Ergebnis in die Höhe getrieben, erklärte der Medienkonzern, dessen Sparten mit Ausnahme von RTL allerdings keine Quartalszahlen veröffentlichen.

Reuters