Schlecht geführt, zu hohe Kosten und Mängel bei den Grundsätzen der Unternehmensführung: Die Liste der Kritikpunkte, die Rudolf Bohli von RBR Capital vor gut einem Jahr vorbrachte, war lang. BÖRSE ONLINE berichtete in Ausgabe 12/2015 über den Kampf des Fondsmanagers gegen die Führungsriege von Gategroup Holding, der ehemaligen Cateringtochter von Swiss Air. Zusammen mit der Investmentfirma Colony Advisors hält RBR 11,3 Prozent der Aktien. Mit diesem Trumpf wollte Bohli Änderungen im Verwaltungsrat bewirken und drängte auf ein Sparprogramm. Wenn ihm das gelänge, dürfte der Aktienkurs steigen, lautete unser Urteil damals. Bei einem Kurs von 31 Euro sahen wir ein Kursziel von 40 Euro.

Dass die Aktie dieses Ziel deutlich übertroffen hat, liegt aber nicht daran, dass sich das Management bewegt hätte. Der Kurs explodierte, als Gategroup vor gut zwei Wochen ein Übernahmeangebot der HNA Group erhielt. Das chinesische Konglomerat, das auch im Fluglinien- und Flughafengeschäft zu Hause ist, will 53 Franken (umgerechnet gut 48 Euro) pro Aktie zahlen. Der notwendige Übernahmeprospekt soll am 11. Mai veröffentlicht werden. Die Aktie notiert aktuell auf der Höhe des Angebots. Gegenüber unserem Empfehlungskurs beträgt der Kursgewinn mehr als 50 Prozent. Wie geht es weiter?

In Bohlis Windschatten bleiben



Den leichtesten Teil der Wertsteigerung hat die Aktie hinter sich gebracht. Wer investiert ist, wird sich nun fragen, ob ein schneller Verkauf nicht womöglich die beste Variante ist. Eine Prämie im Vergleich zum Übernahmeangebot ist nicht mehr zu verdienen, und es besteht die Gefahr, dass der Deal noch scheitert. HNA verlangt eine Akzeptanzquote von 67 Prozent. Wird die nicht erfüllt, kann das Geschäft platzen. Das gilt auch, wenn es regulatorische Hindernisse gibt, etwa weil sich Kartellbehörden querstellen. Klar ist: Zieht HNA das Angebot zurück, verliert die Gategroup-Aktie über Nacht 20 Prozent an Wert.

Bohli will aber trotz dicker Kursgewinne seines Fonds keine Aktien andienen. "Wir sind überrascht, dass das Management beschlossen hat, sich selbst zu verkaufen, bevor die Aktionäre die Früchte einer Restrukturierung genießen konnten", sagt Bohli und fragt weiter: "Warum akzeptiert es ein Gebot, dass deutlich unter dem fairen Wert der Gesellschaft liegt?" Wie hoch der Wert der Gesellschaft sein kann, hat Bohli errechnet. Bis 2018 sind theoretisch Gewinnmargen von acht bis zehn Prozent erreichbar, die Aktie könnte dann zwischen 80 und 135 Franken kosten.

Ein Ass, das vielleicht doch noch ein höheres Gebot der Chinesen auslösen könnte, hat Bohli im Ärmel: Ohne seine Aktien gibt es zumindest keinen Squeeze-out. Vielleicht wird Jon Cox, Analyst bei KeplerCheuvreux, deshalb recht behalten: "Wir glauben, dass die Aktionäre auf ein höheres Gebot warten können."