Im €uro-Tischgespräch erklären die Experten von DWS, Franklin Templeton,
IVFP, Schroders, Standard Life und Zurich Deutscher Herold LV, in welchem Wechselspiel Lebenserwartung
und Zinsumfeld stehen und wie man unabhängig von Produkten eine flexible und tragfähige Lösung finden kann.
€uro: Wodurch unterscheidet sich die Ruhestandsplanung von der Altersvorsorge?
Björn Bohnhoff (Vorstand Leben, Zurich
Deutscher Herold Lebensversicherung): Sie
umfassen unterschiedliche Zeiträume. Die
Ruhestandsplanung setzt relativ nah zum
Renteneintrittsalter ein. Dann gibt es schon
konkrete Vorstellungen, wie die aktive Zeit
nach dem Arbeitsleben aussehen soll. Die
Menschen haben häufig auch schon höhere
Geldbeträge zur Verfügung, die an anderer
Stelle angespart wurden. Ruhestandsplanung
adressiert also andere Kundengruppen
und eröffnet andere Produktkanäle.
Martin Stenger (Director Sales - Business
Development Insurance & Retirement Solutions,
Franklin Templeton): In Bewerbungsgesprächen
frage ich gern nach den Unterschieden
und bekomme spannende Antworten. Sicher
ist, dass der Fokus auf die Entsparphase ein
neues Tätigkeitsfeld
für Vermittler eröffnet.
Der Niedrigzins zwingt etliche aus den Generationen
nach den Baby Boomern, ihr Zeitfenster
für den Vermögensaufbau zu erweitern.
Sie haben vermehrt Arbeitsbiografien
mit Zwangspausen. Es kann auch sein, dass
jemand erst nach und nach aus seinem Job
"herauswachsen" will und entsprechend gestaffelte
Zahlungsströme benötigt. All das
muss geplant und organisiert werden.
Charles Neus (Head of Retirement Solutions,
Schroders): Das Thema ist bei den Vermittlern bereits angekommen. Es lassen
sich viele zum zertifizierten Ruhestandsplaner
ausbilden. Wir wissen aber, dass neun
von zehn geschulten Vermittlern danach auf
der Stelle treten. Ihnen fehlt eine Visualisierung
für diese komplexe Aufgabe. Denn in
diesen drei oder mehr Jahrzehnten rücken
nacheinander viele unterschiedliche Themen
ins Blickfeld. Von der Selbstbelohnung durch
eine Weltreise bis zum steuergünstigen Vererben
ist es ein breiter Spannungsbogen.
Christian Nuschele (Head of Sales & Marketing,
Standard Life): Die Fragestellung ist
völlig anders. Altersvorsorge begnügt sich
mit Lückenermittlung und -schließung, ergänzt
um ein paar Absicherungsgedanken.
Ruhestandsplanung fokussiert die Vermögensverwendung:
"Was soll damit passieren?"
und "Welcher Baustein soll für welchen
Zweck eingesetzt werden?". Teile des Vermögens
müssen zu einem bestimmten Zeitpunkt
verfügbar sein, beispielsweise falls
etwas
verschenkt oder vererbt werden soll.
Das führt zur Frage: "Welche Volatilität kann
ich mir für diesen Vermögensanteil erlauben?". Der Berater muss diese Themenvielfalt und
dazu passende Lösungswege kennen, ein
weites Feld konzentriert abarbeiten und Experten
wie Fachanwälte und Steuerberater
mit ins Boot holen. Er braucht ein effizientes
Netzwerk.
Sebastian Mentel (Leiter Private Vorsorge
und Vermögensaufbau, DWS): Man kann
sich Ruhestandsplanung wie ein Puzzle vorstellen.
Der Planer muss dafür sorgen, dass
die vielen verschiedenen Bausteine an die
richtige Stelle gelegt werden. Altersvorsorge
ist so gesehen nur ein einzelnes Element,
das genutzt wird, um erkannte Lücken im
Vermögensaufbau zu schließen.
Prof. Michael Hauer (Geschäftsführer des
Instituts für Vorsorge und Finanzplanung,
IVFP): Für meine Vorlesungen zum Thema
habe ich tatsächlich eine Definition entwickelt:
Ruhestandsplanung ist die Planung
des Ansparens im kurzfristigen Zeitraum vor
Beginn der Ruhestandsphase, in der Regel
ab dem Lebensalter 50+, sowie die Planung
des Entsparens. Man optimiert also sowohl
den Endspurt wie das Entsparen. Ruhestandsplanung
schließt die Vermögensnachfolge
ein. Es geht um Lebenspläne, Vollmachten,
Testamente sowie Risiken wie
Krankheit oder Pflegebedürftigkeit und in
Partnerschaften auch einen Todesfall.
€uro: Bedeutet optimiertes Entsparen, dass man lebenslang investiert bleiben sollte?
Hauer (IVFP): Ja, Anlage ohne vordefinierten
zeitlichen Schlussstrich ist ein Schlüsselthema.
Der Renteneintritt ist heute nicht
mehr der Anfang vom Ende. Bei zwei oder
mehr Jahrzehnten Restlebenszeit kann die
alte Faustformel "100 minus Lebensalter =
sinnvolle Aktienquote" nicht mehr mithalten.
Sie ist auch durch den Nullzins überholt, solide
Anleihen sind heute ertragsfrei. Die Generation
50+ hat viel Zeit vor sich. Das gilt
auch für Rentenversicherungen, die nicht
zwangsläufig mit 65 Jahren einsetzen müssen,
sondern erst ein oder zwei Jahrzehnte
später. Wer mit 85 noch so fit ist wie ehedem
Luis Trenker, geht weiter bergsteigen.
Wer das nicht ist, wählt die Rente oder die
Kapitalauszahlung. Kurz, Kunden und Berater
müssen viel, viel weiter vorausdenken …
Nuschele (Standard Life): … und dabei
mindestens zwei Aspekte berücksichtigen:
Wer mit 55 seinen Ruhestand plant, hat laut
Prognose nicht nur zehn, sondern über 35
Jahre vor sich, in denen sein Geld arbeiten
kann. Bei diesem langen Anlagehorizont
können sich die meisten auch höhere Aktienquoten
leisten - wenn auch vielleicht nicht
mit dem gesamten Vermögen. Das Vermögen
muss zielgerichtet organisiert werden.
"Welcher Teil des Kapitalstocks liegt länger?"
und "Welcher wird früher gebraucht?". Und
egal, mit wem wir reden, die Menschen wollen
nicht, dass ihr Kapital ganz aufgebraucht
wird, sie wollen etwas weitergeben.
Bohnhoff (Zurich): Die starre Formel ist im
Niedrigzinsumfeld mangels Alternativen sinnlos.
Nur, es gibt keine neue Standardformel,
an der sich jeder orientieren kann. Es kommt
auf die Bedürfnisse jedes Einzelnen an, sein
Vermögen und seinen Anspruch an Sicherheit.
Viele können den Grundbedarf aus der
gesetzlichen Rente abdecken, Miete und Lebensmittel
bezahlen. Das Problem stellt sich
ihnen bei Ad-hoc-Ausgaben wie Geschenken,
Reisen oder einem neuen Auto. Für diesen
Bedarf müssen sie flexibel bis zum Alter
80+ auf das in einer Police angesammelte
Vermögen zugreifen können. Warum in der
Police? Weil dort bis zum Ablauf keine Abgeltungsteuer
anfällt, die andere Investments
viel von ihrem Schwung kostet. Zudem kann
man jederzeit in eine lebenslange Rente
wechseln. Damit sind Flexibilitätsbedarf und
Langlebigkeit in einem Produkt abgesichert.
Neus (Schroders): Wobei man sicher für
beide Varianten gute Argumente findet. Bevor
die Zielgruppe 50+ aber die Qual der
Wahl hat, muss sie erst aktiviert worden sein.
Die Anlagebereitschaft der Deutschen steht
noch am Anfang. Eine Multi-Asset-Lösung ist
dabei von der Produktseite her ein kluger
Start. Denn die vielfältigen Fragestellungen
verlangen in der Regel auch nach unterschiedlichen
Produktlösungen. Jeder Kunde
ist da anders. Wer jahrzehntelang mit Garantien
unterwegs war, hat vielleicht viel Liquidität
auf dem Sparbuch, aber wenig Gespür für
Alternativen. Man muss ihm als Erstes klarmachen,
was er alles erreichen will und wie
er das mit seiner Liquidität in die Realität umsetzen
kann. Erst mit diesen Zielen vor Augen
ist er bereit, sich mit vielleicht hilfreichen Produktkategorien
auseinanderzusetzen.
Stenger (Franklin Templeton): Wobei man
sich fragen kann, was ein Produkt an dieser
Stelle überhaupt zur Ruhestandsplanung
beitragen kann. Man muss den Vermittler
unterstützen, dass er den richtigen Zugang
bekommt. Geld und Ziele hat der Kunde
selbst, er braucht kein zusätzliches (Rendite-)Ziel, sondern einen Wegweiser, auf
dem tunlichst nicht "Lebensende" stehen
sollte. Wir haben dazu ein "sympathisches"
Tool entwickelt, das mit fünf, sechs Fragen
sehr nah an den Zielen der Endkunden ist.
"Wie groß ist Dein Zeitfenster?" - "Wie viel
Geld möchtest Du einbringen?" - "Wie wichtig
ist Dir das Ziel A oder B?". So lassen sich
Schattierungen abbilden und die flexiblen
Perioden der Entnahmephase simulieren.
Mentel (DWS): Die meisten Menschen wollen
Komplexität reduzieren. Sie brauchen
einfache Lösungen. Für die Zielgruppe 50+
könnte das lauten: Es lohnt sich, so früh wie
möglich anzufangen und so lange wie möglich
aktienbetont unterwegs zu sein. Das
lässt sich dann breit über unterschiedliche
Ansätze ermöglichen. Nicht zu vergessen,
verfügt die Personengruppe 50+ in Deutschland
über das höchste Nettovermögen, über
115.000 Euro pro Kopf *, und sie sucht Hilfe.
Vielen ist bewusst, dass sie die Beschäftigung
mit dem Ruhestand nicht mehr aufschieben
sollten. Sie sind bereit, etwas für
eine vernünftige Lösung zu tun. Das Schlüsselwort
ist Lebensstandard. "Was kann und
muss ich tun, um mir diesen zu erhalten?".
*Quelle: Statista
€uro: Was bremst sie? Eher ein Wissensproblem oder ein Komplexitätsproblem?
Hauer (IVFP): Beides hängt zusammen.
Beispiel Rendite: Bei bonitätsstarken Anleihen
liegt sie unter dem Gefrierpunkt, unter null.
Aber man muss erst einmal akzeptieren,
dass eine ganze Assetklasse nur mehr Historie
ist. Es ist aus und vorbei mit risikoarmen
Renditen von sechs bis sieben Prozent,
die 2001 im Sicherungsvermögen einer Versicherung
noch "normal" waren. Folglich war
die Bruttobeitragsgarantie damals kein Problem.
Jetzt schon, da die negativen Rahmenbedingungen
durchschlagen. Wenn Tagesgeld
Geld kostet, statt eines einzubringen,
wohin dann mit der Liquidität? In den
vielen Veranstaltungen mit vermögenden Privatkunden,
die ich begleite, ist das die Frage.
Die Menschen haben Geld und wissen nicht
wohin damit. Denn vermietete Immobilien
bringen auch magere Renditen ein. Was übrig
bleibt, sind Aktien.
Neus (Schroders): Wir versuchen seit zehn
und mehr Jahren, aus dem deutschen Sparer
einen Investor zu machen. Und wir hatten
noch nie so viel Rückenwind wie jetzt:
Die Inflation steigt, der Niedrigzins bleibt, und
die Banken verlangen Strafzinsen. Trotzdem
wird der 55-jährige Zahnarzt, dessen Vermögen
schon in Immobilien und sonstigen
Wertsachen wie Autos und Schmuck gestreut
ist, Teile seiner Liquidität an den Kapitalmärkten
investieren. Wir müssen Menschen
wie ihn abholen, mit ihnen über Ziele sprechen, über Lebenspläne statt über Aktienrenditen,
Volatilität und so etwas für
diese Personengruppe Nebulöses. Damit
können alle viel besser umgehen als mit
Werbeaussagen. Der Rat, "nimm den Schroders
ISF Multi Asset Balanced und du bist
aus dem Gröbsten raus", mag sogar stimmen,
aber so läuft die Kommunikation einfach
nicht. Wir als Branche müssen gemeinsam
dieses Thema vertiefen. Das kann nicht
ein Assetmanager allein machen.
Mentel (DWS): Das gilt besonders für die
Zielgruppe 50+, die etwas zu verlieren hat.
Man muss ihr den Rücken stärken. Wir befinden
uns in einem der längsten Bullenmärkte,
und es ist nicht davon auszugehen,
dass die nächsten zwölf Jahre genauso weitergehen.
Wir gewinnen neue Investoren, deren
Problem es ist, dass sie in den zurückliegenden
zehn bis zwölf Jahren nicht lernen
konnten, mit einer Abwärtsbewegung umzugehen.
Daher könnten sie ohne professionelle
Beratung versucht sein, zu viel auf eine
Karte zu setzen oder, wenn es wirklich einmal
abwärtsgeht, panisch und ohne Rücksicht auf
Verluste aus den Märkten auszusteigen.
€uro: Früher sollten Garantien hier ein gewisses Sicherheitspolster schaffen.
Neus (Schroders): Das war einmal, bei Garantien
muss man umdenken. Sie blockieren
rentable Investments und sichern null
Ertrag. Sogar der Gesetzgeber hat 2018 erkannt,
dass in der zweiten Schicht - der betrieblichen
Altersvorsorge - Garantien mehr
schaden als nützen. Trotzdem haben wir in
den vier Jahren seither leider nicht gemerkt,
dass sich groß etwas geändert hätte.
Mentel (DWS): Das Gleiche gilt für den Riester-
Bestand, bei dem die Bruttobeitragsgarantie
ins Gesetz geschrieben war. Das entsprach
der Zinslandschaft damals, doch das
Blatt hat sich gewendet, und man hätte den
gesetzgeberischen Rahmen dringend modernisieren
müssen. Das ist nicht passiert.
Der Kapitalmarkt nimmt darauf keine Rücksicht.
Er kennt keinen Höchstrechnungszins,
sondern nur Anleiherenditen. Wir haben also
das ganze Riester-Kapital in ertragsarmen
Anleihen stehen, aber nicht, weil die Verträge
zur Auszahlung anstehen, sondern nur, weil
die Garantien das erzwingen. Dementsprechend
ist kein Risikobudget mehr frei, um in
ertragreiche Aktien zu investieren. Die Garantien
sind schädlich geworden und werden
die Ablaufleistungen schmälern.
Stenger (Franklin Templeton): Daher gehe
ich in Präsentationen auf diese Wechselwirkung
mit einem anschaulichen Bild ein. Wie
bei einem Kühlschrank verwende ich einen
Energie-Effizienzausweis. Er zeigt, wie viel
mehr Strom ein Produkt für die gleiche Kühlleistung
braucht, wenn sie garantiert sein
soll. Keiner würde einen solchen Stromfresser
kaufen - und damit ist die Lektion gelernt. Ähnliches gilt für einen hohen Rentengarantiefaktor.
Wer sich den vorab sichern
will, bekommt weniger, weil der genaue Wert
Jahre voraus schwieriger zu kalkulieren ist
als bei Renteneintritt.
Bohnhoff (Zurich): Trotzdem gibt es ja noch
Kunden, die sehr viel Wert auf Garantien legen
und dafür bereit sind, auf Rendite zu verzichten.
Für sie kann man das Garantieniveau
senken. Bis auf die Verträge, bei denen
man das gesetzlich nicht darf, haben die
Kunden verstanden, dass die Garantien einen
zu hohen Preis haben. Sie haben sich
da deutlich bewegt, was vor Jahrzehnten
keiner für möglich gehalten hätte. Garantieprodukte
ganz aus dem Regal zu nehmen,
ist keine Lösung. Man muss über die Zusammenhänge
aber sauber aufklären.
Nuschele (Standard Life): Zumal Kunden
und Kundinnen in der Ruhestandsplanung
sich selten klarmachen, wie viele Garantieprodukte
sie bereits haben. Die gesetzliche
Rente ist etwas mit einer Garantie, bei bAV
und Versorgungswerk ist es nicht anders.
Der Grundbedarf lässt sich in der Regel darüber
darstellen. Die Kunst ist darzustellen,
dass es darüber hinaus auch noch etwas geben
muss. Man muss auch die Dinge abdecken,
die Spaß machen und die später vielleicht
das Leben lebenswert machen. Dazu
muss man Lösungen anbieten, die eine gewisse
Laufruhe mit sich bringen und bei denen
die Volatilität und die Rendite zueinander
passen. Das Problem ist der Zusammenhang.
Meine Eltern beispielsweise können
oder wollen mit Volatilität nichts anfangen -
ich kann ihnen die Basics noch so oft erklären.
Setzt man das allgemein auf die Beratung
um, sind die ganzen Risikokennziffern
vergebliche Liebesmüh. Man muss "Geld
für den Lebensplan" anders visualisieren als
mit Zahlenkolonnen und Charts. Die Verbraucher
der Zielgruppe 50+ brauchen das
dringend.
€uro: Also kommt es maßgeblich auf eine allen eingängige Darstellung an?
Neus (Schroders): Ja, die Visualisierung ist
das A und O. Unter der Motorhaube unseres
Konzepts arbeitet eine Monte-Carlo-Simulation
über Zigtausend mögliche Kursentwicklungen.
Nach außen sichtbar ist das Spielbrett
eines "Spiel des Lebens" mit Wünschen und
Träumen, Bedürfnissen und Notwendigkeiten.
Wir nennen es RetireIQ, weil es erst einmal
zeigt, was man sich vorstellt, und dann, ob
der Ist-Zustand dahin führt oder nicht oder nur
zum Teil. Mir hat das Tool viele Fragen zum
nahenden Ruhestand bereits beantwortet. Für
die Jüngeren der Generation 50+ werden die
nächsten 30 bis 40 Jahre spielerisch sichtbar.
Sie werden über Ereigniskarten und rot-gelbgrüne
Anzeigen konkret und bleiben aber
doch ausreichend entrückt, damit sie keine
inneren
Widerstände mobilisieren. Krankheit,
Pflegebedürftigkeit oder Tod des Partners sind kein angenehmes Thema, und auch der
Immobilienverkauf oder die Vermögensübertragung
an die Kinder ist für viele ein zweischneidiges
Unterfangen. Einfacher ist es, das
viele Geld auf dem Girokonto vor Strafzinsen
zu schützen, und zu sehen, dass ein Multi-
Asset-Fonds mit quartalsmäßiger Auszahlung
ebenso gut für Liquidität am Geldautomaten
sorgt. Natürlich gibt RetireIQ auch Optimierungsvorschläge.
Uns war aber wichtig,
dass es nicht nur eine Lücke aufspürt und
decken will.
Stenger (Franklin Templeton): Mit unserer
GOE (Goal-Based-Engine) verfolgen wir
ebenfalls eine bedarfsorientierte statt eine
angstmachende Kommunikation. Dieser zielgerichtete
Ansatz bedient ein Thema, das
wir auch in den USA adressieren. Nur während
wir dort die fällig werdenden 401-k-
Pläne bedienen, sind es hierzulande Girokonten,
Festgelder oder ablaufende Lebensversicherungen.
Mit dem Geld muss man
etwas
Sinnvolles anfangen. Der Kunde soll
erkennen, dass er mit seiner Liquidität viel
mehr anfangen kann, als er in den letzten
Jahren getan hat.
Hauer (IVFP): Ein durchschlagendes Argument
für die letzten Jahre vor dem Ruhestand
ist die Liquiditätsschaukel mit der Basisrente.
Warum? Der Kunde hortet Geld auf
dem Girokonto, weil ihm Cash ein Gefühl von
Sicherheit gibt. Er kann aber genauso gut in
eine Basisrente einzahlen, denn die Steuerersparnis
spült ihm nahezu den halben Aufwand
wieder in die Liquidität zurück. Das
Ganze kann er Jahr für Jahr machen.
€uro: Demnach eignet sich die Basisrente im Endspurt nahezu für alle?
Mentel (DWS): Genau, man muss mit dem
Missverständnis aufräumen, dass die Basisrente
nur etwas für Selbstständige und Freiberufler
zu bieten hat. Die Basisrente ist für
jeden Steuerpflichtigen eine interessante Anlagevariante
und für alle abschließbar. Interessant
wird es bei etwa 35.000 Euro Jahreseinkommen,
weil dann erst der Steuervorteil
so richtig zum Tragen kommt. Aber das ist
weniger als das Durchschnittseinkommen in
Deutschland. Der Vorteil ist zweifach: In der
Ansparphase ist ein höherer Prozentsatz
steuerlich absetzbar, als in der Entsparphase
zu zahlen ist. Bei einer Laufzeit von fünf Jahren
kann jeder aktuell im Schnitt 96 Prozent
der Einzahlung absetzen. Wenn er dann 2026
in Rente geht, muss er nur 86 Prozent seiner
Zuflüsse versteuern. Diese zehn Prozent Plus
sind ihm unabhängig von der Kapitalanlage sicher.
Der zweite Vorteil ist, dass im Ruhestand
oft ein niedrigerer Steuersatz anfällt. Daher
macht es Sinn, die Besteuerung aus dem Erwerbsleben
in die Rentenphase zu verlagern.
Bohnhoff (Zurich): Die Basisrente ist vielseitig
einsetzbar und hochattraktiv. Wir werden
die Aufschubzeit auf ein Jahr reduzieren, damit sich die enormen Vorteile auch
sehr kurzfristig nutzen lassen. Wenn sich
Geld angesammelt hat, kann man kurz vor
der Rente noch einen Steuer-Booster mitnehmen.
Die politische Diskussion sorgt für
Rückenwind. Es wird definitiv keine Doppelbesteuerung
geben, das sukzessive Hochfahren
der nachgelagerten Besteuerung öffnet
ein Opportunitätsfenster. Es könnte sogar
noch einen Impuls geben, die volle Besteuerung
noch etwas nach hinten zu
verlagern.
Stenger (Franklin Templeton): Denn die Basisrente
hat auch den Wahlkampf überlebt.
Sie stand nicht auf der Streichliste, was bemerkenswert
war. Zudem werden wir über
kurz oder lang auch die digitale Renteninformation
bekommen, die voraussichtlich eine
enorme Hilfestellung für die Vermittler ist.
Hauer (IVFP): Die haben aber schon jetzt
die besten Argumente. Die Basisrente ist
eine klasse Lösung für die Altersgruppe 50+,
exzellente Renditen zu erzielen. Die Performance
aus dem Steuervorteil sorgt für einen
Puffer gegen Kursverluste. Der zweite große
Vorteil ist, dass man jedes Jahr steuerwirksam
ein ordentliches Volumen in die Basisrente
packen kann. Mit 25.787 Euro bei Ledigen
und dem Doppelten bei Verheirateten
kann man im Endspurt ordentlich Gas geben.
Dieses stattliche Volumen kann man
intern
beliebig aufteilen. Der Hauptverdiener
kann mit bis zu 51.574 Euro pro Jahr für seinen
Partner vorsorgen. Derlei "interner Familienausgleich"
kommt bei Veranstaltungen
gut an. Für mich als Mathematiker gibt es
auch noch einen Zahlengrund: In der Regel
leben die Frauen länger; die Policen sind seit
2012 Unisextarife - bei gleicher Einzahlung
bekommen beide gleich viel Rente; ergo ist
es rational, die Zuflüsse dem zukommen zu
lassen, der länger lebt …
Nuschele (Standard Life): … das macht es
aber teurer für die Versicherung. Vorsicht!
Hauer (IVFP): … geschenkt! Man sollte sagen,
was am kundenfreundlichsten ist. Es
gibt rational und analytisch betrachtet keine
bessere Lösung. Wir sollten alle unsere Basisrenten
über die Frau machen, zumal es,
anders als viele glauben, eine gewisse Vererbbarkeit
gibt. Wenn der begünstigte Partner
sterben sollte, bekommt sein Gegenüber
das Restkapital zwar nicht ausbezahlt, aber
als Rentenanspruch zugeordnet. Das Geld
ist also genauso wenig weg wie im Scheidungsfall:
Dort gibt es einen Versorgungsausgleich
hälftig fifty-fifty.
€uro: Folglich kann eine intelligente Produktwelt die Liquidität sinnvoller organisieren?
Mentel (DWS): In der Zielgruppe 50+ trifft
der Wunsch nach Flexibilität mit einem erreichten
Lebensstandard zusammen. Wer
sich angestrengt und etwas aufgebaut hat,
will nichts davon verlieren oder alles auf eine Karte setzen. Effektivität bei der Organisation
des Kapitals ist Trumpf. Maximale Flexibilität
haben wir im Fondssparplan oder beim DWS
Komfort Depot-Investmentrente.
In der DWS
BasisRente Komfort gibt es mehr Förderung,
aber gewisse Leitplanken. Zu ihnen gehört
aber keine Beitragsgarantie, sodass wir dort
in sinnvolle Fonds investieren können.
Hauer (IVFP): Generell sind Versicherungen
heute keine autokratischen Strukturen wie
früher mehr, in die man Geld nur einbezahlen,
aber nicht mehr herausholen kann.
Selbst bei reinen Rentenversicherungen behält
man - sofern der Gesetzgeber nichts
anderes vorschreibt - bis zur Verrentung die
Verfügungsgewalt, kann mit großen Freiheiten
einzahlen und sich Auszahlungen zukommen
lassen. Das Gleiche gilt für den zeitlichen
Eintritt oder Teilverrentungen.
Bohnhoff (Zurich): Man muss diese Freiheitsgrade
aber aktiv kommunizieren. Bei
uns gibt es entsprechend Optionen schon
seit einiger Zeit. Wir machen sie nur leichter
verfügbar. In einer "Verfügungsphase" kann
der vermögende Kunde das Geld stehen lassen,
darauf zugreifen oder künftig auch Auszahlpläne
einrichten. Der Standardfall ist anders.
Die Normalbevölkerung muss erst einmal
die Lücken in der Basisversorgung
schließen und nicht über Luxusprobleme wie
Weltreisenfinanzierung oder Freibetragsgrenzen
bei der Erbschaftsteuer nachdenken.
Man muss also auch Gestaltungen mit
einfachen Mitteln bieten, die zu diesem Bedarf
und dieser Vermögenssituation passen.
Stenger (Franklin Templeton): Wobei auch
ein Fondssparplan mit niedrigen Kosten
eine geeignete Lösung sein kann. Das aber
ist nur ein Zwischenschritt. Kein Produkt
kann den Mangel an Flexibilität bei der
Wunscherfüllung ausgleichen, der durch relative
Armut bedingt ist.
Nuschele (Standard Life): Wir haben uns
ein Lösungsmodell für die vermögenderen
50+-Kunden überlegt. Uns war klar, dass
das Produkt einfach sein muss, und haben
uns für eine Lebensversicherung gegen Einmalbeitrag
entschieden. Sie bietet das
größte Gestaltungsspektrum.
Beispiel Liquiditätsängste:
Man kann das angesammelte
Vermögen erst in relativ sichere Anlagen stecken,
aus denen über die nächsten drei
Jahre in die eigentliche Zielallokation umgeschichtet
wird. Das schrittweise Aufstocken
vermeidet negative Cost-Average-Effekte
und nimmt die Angst vor zu teuren Kursen.
Als Einstiegsmodell kommt das sehr gut an.
Das Gleiche gilt auch für Zuzahlungen. Man
kann außerdem innerhalb der Police das
Spiel mit verschiedenen Risikotöpfen weiter
nutzen. So kann man beispielsweise einen
Grundstock aufbauen, der mit geringen
Schwankungen auskommt, und darum herum
je nach aktueller Risikobereitschaft renditeträchtigere
Fonds-Bausteine anordnen.
€uro: Der vereinfachte Einstieg sorgt aber noch nicht für mehr Gestaltungsmöglichkeit.
Nuschele (Standard Life): Dafür sorgen
Laufzeit und Abgeltungsteuer. Man kann im
"WeitBlick" deutlich länger als in den meisten
Fondspolicen vorausoptimieren. Dafür
sorgt, dass der Vertrag bis zu zwei Versicherungsnehmer
und zwei versicherte Personen
umfassen kann. Die Laufzeit ist auf das
100. Lebensjahr einer der versicherten Personen
begrenzt. Würde ich beispielsweise
meinen elfjährigen Sohn einsetzen, könnte
ich eine 89-jährige Laufzeit vereinbaren.
Über solche Perioden macht natürlich der
Steuervorteil enorm viel aus. Denn irgendwann
schichtet man um, und dass man
dann keine Abgeltungsteuer zahlen muss,
bringt enorme Vorteile. Darüber hinaus bietet
sich eine Vielfalt von Gestaltungsmöglichkeiten
zur gegenseitigen
Absicherung und
zur Vermögensübertragung.
€uro: Können wir noch einmal genauer auf den Abgeltungsteuer-Effekt eingehen?
Bohnhoff (Zurich): Im Versicherungsmantel
fällt erst beim Ablauf die Steuer an, die
bei einem Fondsinvestment laufend auf Zinsen
und Dividenden erhoben wird. Angesichts
der langen Laufzeiten ist der größte
Vorteil aber, dass ein Fondswechsel keine
Abgeltungsteuer auslöst. Von 100.000 Euro
angesammeltem Vermögen gehen dadurch
100.000 Euro in einen Fonds, der besser
zum neuen Marktumfeld oder zu den eigenen
Zielvorgaben passt. Im Fondssparplan
muss man erst einen Großteil der Erträge
versteuern und kann erst den Restbetrag
investieren, wobei anders als in der Police
auch noch erneut ein Ausgabeaufschlag
abgehen kann.
Stenger (Franklin Templeton): Zugegeben,
der Vorteil ist selbst nach Kosten deutlich
zu spüren. Und der Veränderungsbedarf
zeigt sich auch, wenn man überlegt, welche
Themen in der Investmentwelt der zurückliegenden
zwei Jahrzehnte dominant waren:
Telekom, Internet, die BRIC-Staaten und
andere Emerging Markets. Dazu Ausgestaltungen
wie die Lifecycle-Fonds oder Multi-Asset-
und Income-Produkte. Oder denken
Sie an die Nachhaltigkeit. Wir haben gerade
einen ESG-Focused Balanced Fund auf den
Markt gebracht, der gezielte Chancensuche
mit einem ausgefeilten ESG-Auswahlverfahren
zusammenbringt …
Nuschele (Standard Life): … und bei dem
wir uns als Lead Investor sehr wohlfühlen.
Wir hatten ausgehend vom Bedarf unserer
Versicherungskunden eine Produktidee. Mit
dieser sind wir an Franklin Templeton herangetreten
und haben sie gemeinsam konkretisiert.
Franklin Templeton hat das hervorragend
umgesetzt, besser kann die Zusammenarbeit
nicht laufen. Die Freiheit, in der
Police wiederholt ohne Reibungsverlust die
Anlageschwerpunkte zu wechseln, ist auch
wichtig, wenn man Gewinne mitnehmen will.
Das führt bei den genannten Laufzeiten zu
einem enormen Zinseszinseffekt. Wenn Produktpalette
und Kostenstruktur einigermaßen
passen - und das kann man ja schön
vergleichen -, ist das eine optimale Lösung.
€uro: Sie geben der kompetenten Ruhestandsplanung die besten Zukunftschancen?
Neus (Schroders): Ja, Ruhestandsplaner
müssen einiges im Gepäck haben und über
eine lange Periode zur Verfügung stehen. Bis
ins hohe Alter ist Flexibilität enorm wichtig,
da sich die Prämissen ändern können. Daher
muss es Produkte mit und ohne Versicherungsmantel geben, ebenso Baskets mit
verschiedenen Rendite-Risiko-Profilen. So
kann der Topf für die Liquidität wenig Schwankung
haben, der für den Bedarf in 20 Jahren
dagegen mehr. Kurz: Man muss individuelle
Bedürfnisse unterschiedlich orchestrieren und
die Instrumente bedarfsgerecht wechseln.
Stenger (Franklin Templeton): Ruhestandsplanung
heißt lange Betreuung und hohe
Flexibilität. Neben unseren Leistungen als
Assetmanager sorgen wir für digitale Unterstützung.
Die Politik wird am Renteneintrittsalter
der jüngeren Jahrgänge schrauben,
und die Ruhestandsplanung auf die Veränderungen
eingehen müssen. Die optimale
Lösung wird vielfältig sein, aber als Motor intelligente
Multi-Asset-Portfolios haben.
Nuschele (Standard Life): Elementar ist,
dass auch wirklich eine Planung und Optimierung
stattfinden. Ich kann den Beratern
nur empfehlen, sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen,
und ich kann Verbrauchern
nur empfehlen, sich beraten zu lassen und
gute Planung auszuprobieren. Wenn diese mit
viel Transparenz und großer Professionalität
passiert, dann können die Branche und der
eigene Ruhestand davon nur profitieren.
Mentel (DWS): Für Sicherheit im Ruhestand
sorgen keine Garantien. Sie gleichen nicht
einmal den Verlust an Kaufkraft aus. Es macht
mehr Sinn, auf bewährte Produkte zu setzen,
die sich in unterschiedlichsten Börsenphasen
gut geschlagen haben. Auch wenn der Rückblick
keine Gewähr für die zukünftige Performance
bietet, zeigt er doch über Wert- und
Volumenentwicklung die bisherige Expertise
und die Marktmeinung. Im DWS Komfort
Depot
wie in der DWS BasisRente gehören
der DWS Concept Kaldemorgen (WKN:
DW SK00) und der DWS Concept DJE Globale
Aktien (977 700) zu den langjährigen Favoriten
in der Anlegergunst.
Bohnhoff (Zurich): Die Herausforderung ist
so groß wie bei keiner Generation zuvor: Wir
haben ein extremes Niedrigzinsumfeld und
wir haben Lücken aus den gesetzlichen Systemen.
Das Positive ist, dass wir steuerlich
ein Förderungsfenster haben, das bei der
Basisrente bombastisch gut ist. Daher
macht es Spaß, passende Produkte zu gestalten
und für die richtige Beratung zu sorgen.
Bei den Kapitalanlagen geht der Trend
zur Nachhaltigkeit. Man kann etwas für die
nachfolgenden Generationen tun, ohne auf
Rendite zu verzichten. Das ist ein starkes
Modell und sollte jeden dazu bringen, sich
mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Hauer (IVFP): Es geht um die Sicherung des
Lebensstandards, den keiner verschlechtern
will. Dafür muss man realistischerweise rund
80 Prozent des bisherigen Nettoverdiensts
ansetzen. Die nötigen Zuflüsse sind am besten
über zwei Wege in Kombination zu erreichen:
in Schicht eins über die Basisrente und
in Schicht drei durch lebenslanges Investieren
in Fondspolicen. Die Generation 50+ hat
noch lange Zeit und kann solche Verträge bis
zum Lebensalter 80, 85 oder 100 nutzen.
Das Tischgespräch moderierte Ludwig Riepl