Die Größenordnung 100 Euro ist durchaus typisch für das Genre der Crowdinvestments. Mitunter geht es auch schon bei zehn Euro los. Das Prinzip: Viele Anleger beteiligen sich mit jeweils eher kleinem Betrag und bringen gemeinsam so viel Geld zusammen, dass damit Unternehmen, Immobilien oder Energieanlagen (Solarparks, Windkraftanlagen) nennenswert mitfinanziert werden können. Nicht immer, aber meistens schließt die Crowd die Finanzierungslücke zwischen erstrangigen Darlehen von Banken einerseits und Eigenkapital, das Unternehmen wie etwa Bauträger beisteuern, andererseits.

Der Anbieter Engel & Völkers Digital Invest (E & V) war 2020 die Nummer 2 hinter Marktführer Exporo. Während der Spitzenreiter für 60 Projekte 135,7 Millionen Euro einsammelte, kam E & V mit einem Anstieg von knapp 160 Prozent gegenüber 2019 auf 43,9 Millionen Euro. E & V stellte bei dem 15-Minuten-Investment für eine Laufzeit von zwölf Monaten eine Verzinsung von 5,7 Prozent in Aussicht. Nicht schlecht, zumal in Zeiten, in denen Vokabeln wie Nullzinsen, Minuszinsen oder Strafzinsen etwa auf Tagesgeldeinlagen so leicht von den Lippen gehen, dass sie kaum mehr für Aufregung sorgen.

Produktengpass bremst Anleger

Trotz einer typischen Renditespanne von vier bis sieben Prozent im Jahr fiel das Neugeschäftsvolumen mit Schwarmfinanzierungen 2020 geringer aus als 2019. Damit ging das Neugeschäft erstmals seit Beginn der Datenerhebung von crowd- invest.de im Jahr 2011 zurück. Konkret sank das Crowdvolumen nach Zahlen des Portals um gut ein Fünftel von 417,7 Millionen auf 327,8 Millionen Euro. Dominant blieb die Sparte Immobilien, in der 254,9 Millionen Euro akquiriert wurden (siehe Kasten "Marktzahlen").

Das Geschäft mit Schwarmfinanzierungen (Crowdinvestments) ist nicht nur kleinteilig, sondern mitunter auch rasend schnell. In nur 15 Minuten hatten Kleinanleger am 22. Januar dieses Jahres per Mausklick die 2,5 Millionen Euro investiert, die die Immobilien-Crowd-Plattform Engel & Völkers Digital Invest für ein Wohnungsbauprojekt in Frankfurt am Main brauchte. Die 15 Minuten bedeuten knapp 2800 Euro pro Sekunde, und das bei einer Mindestanlagesumme von 100 Euro.

Volker Wohlfarth, seit 2017 Geschäftsführer der Plattform Zinsbaustein, die 2020 immerhin etwas zulegte, erklärt den generellen Rückgang des Neugeschäfts in der Branche mit einem Mangel an geeigneten Projekten. "Es gab 2020 nicht etwa eine Zurückhaltung auf Anlegerseite, sondern einen Engpass bei den Produkten." Die Verweildauer von Anlegern auf der Website seines Unternehmens habe im ersten Corona-Jahr zugenommen. "Die Leute haben sich öfter und länger mit ihrer Geldanlage beschäftigt", sagt er.

Seine bisherige Kundschaft ist im Schnitt 47 Jahre alt. Der jüngste Anleger war 18, am anderen Ende fiel eine Frau auf, die schon 93 Jahre alt war. "Die meisten Kunden nehmen uns zur Risikodiversifizierung." Damit spielt Wohlfahrt nicht nur auf die geringe Mindestbeteiligung bei Crowdinvestments an, die breites Streuen beim Geldanlegen ermöglicht. "Bei uns gibt es ein Totalausfallrisiko", räumt der Mann aus Berlin offen ein. Dafür gibt es allerdings in der Regel auch die Aussicht auf eine jährliche Verzinsung von 5,25 Prozent.





Bislang gab es bei den via Zinsbaustein finanzierten Immobilienprojekten zwar noch keinen Ausfall, doch die Rolle als Mezzaninefinanzierer, ganz gleich ob via Nachrangdarlehen oder übernommenem Bankdarlehen, bringt ein solches Risiko mit sich. Würde also beispielsweise ein Bauprojekt nicht fertig und zu einem viel geringeren Preis als kalkuliert veräußert, könnten Crowd-Anleger am Ende leer ausgehen. In solchen Fällen wird zuerst die Bank bedient, erst dann die Crowd. Ganz am Ende steht der Eigenkapitalgeber, der bei Immobilien meist der Bauträger oder Projektentwickler ist. Dessen Geld ist im Ernstfall als Erstes futsch.

Stefan Loipfinger vom Anlegerschutzportal investmentcheck.de hält aus der Perspektive von Anlegern eine Eigenkapitalquote von 15 Prozent für ideal. In der Praxis liegt sie meist darunter. Zudem sollten Anleger unbedingt prüfen, wie gründlich der Anbieter einer Crowdplattform seine Projekte checkt, ehe er sie anbietet.

Wohlfarth zählt Sicherheitsaspekte auf, die er bei Projekten einbaut, ehe er sie auf die Plattform stellt. Es muss entweder klar sein, welcher Großinvestor die Immobilie am Ende komplett kauft, oder es müssen beim Einzelverkauf, etwa von Wohnungen, 20 bis 30 Prozent bereits vorverkauft sein. Zinsbaustein kalkuliert stets Bauverzögerungen von sechs Monaten mit ein. Der Verkaufspreis enthält immer einen Sicherheitsaufschlag von zehn Prozent. Ob die Crowd ein Nachrangdarlehen finanziert oder eine Kreditforderung wie eine Bank, hält er für weniger entscheidend. "Beide Arten sind gleich sicher", sagt er - de facto also immer nachrangig.

Nur eins von 20 Projekten für die Crowd

E & V-Chef Marc Laubenheimer spricht von einem straffen Ausleseprozess. "Pro Projekt, das es auf die Plattform schafft, haben wir etwa 20 Projekte detailliert geprüft." Das Begutachten von Immobilien macht E & V nicht allein. Der Anbieter zieht Experten hinzu, die die Wirtschaftlichkeit von Bauprojekten, die Höhe der Baukosten sowie rechtliche Fragen einordnen oder klären können. Ein Produkt, sagt Laubenheimer, werde nicht besser, wenn man es anders verpacke, sondern sei nur dann gut, wenn das Projekt gut sei. Besonderheit bei E & V: "Wir beteiligen uns immer mit mindestens zehn Prozent an der Crowdinvesting-Summe, um zu zeigen, dass wir an unsere Projekte glauben."

Im Schnitt stecken Anleger bei E & V 2000 bis 3000 Euro in ein Investment. Die meisten sind an mehr als fünf Projekten beteiligt. Sie tun also das, was seriöse Anlageberater immer predigen: das Geld auf verschiedene Produkte verteilen. Generell beruhigend für Anleger: Laut Crowdinvest Marktreport 2020 von Michel Harms gab es bislang nur recht wenige Ausfälle - bei Im mobilien noch keinen.