Derzeit reicht das Zielband für den Referenzzins Dreimonats-Libor von minus 1,25 bis minus 0,25 Prozent. Der Spielraum der Schweizerischen Nationalbank (SNB) sei nicht unbegrenzt, und die Auswirkungen des Franken-Aufwertungsschocks vom 22. Januar auf die Wirtschaft des Landes seien noch zu unklar, argumentieren Volkswirte. Wie die SNB selbst die Lage einschätzt, wird ihre neue Konjunkturprognose zeigen, die sie als Teil ihrer vierteljährlichen geldpolitischen Beurteilung vorlegt.
Die SNB schaffte Mitte Januar die mehr als drei Jahre geltende Euro-Kursuntergrenze von 1,20 Franken ab. Der radikale Kurswechsel löste an den Finanzmärkten heftige Turbulenzen aus und führte zu einem sprunghaften Anstieg des Frankens. Auch wenn sich die Lage inzwischen etwas entspannt hat - aktuell werden für einen Euro 1,0650 Franken bezahlt - drohen der exportabhängigen Schweizer Industrie härtere Zeiten. Ihre Waren werden im Ausland teurer, zugleich können ausländische Konkurrenten günstiger in die Schweiz liefern. Um dem zu begegnen, haben viele Firmen in der Schweiz die Arbeitszeiten verlängert. Andere verlagern einen Teil der Produktion ins Ausland.
Die SNB werde sich auf verbale Interventionen beschränken, sagte Oliver Adler, der Chef des Economic Research bei Credit Suisse. "Nämlich indem sie darauf hinweist, dass der Franken weiterhin überbewertet ist, und auch andeuten wird, dass weitere Interventionen möglich sind." Von Reuters befragte Volkswirte erwarten im Schnitt, dass die SNB ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr auf 0,5 Prozent zurücknimmt. Im Dezember waren die Währungshüter noch von rund zwei Prozent Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausgegangen. Bei der Teuerung dürfte die Notenbank dieses Jahr minus 0,8 Prozent veranschlagen und im kommenden Jahr von stabilen Preisen ausgehen.
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KEIN HÖHERER STRAFZINS
Wegen der sich abzeichnenden Konjunkturabkühlung dürfte die SNB nach Einschätzung der Analysten an Zinsen unter null Prozent festhalten. Dass das Libor-Zielband tiefer in den negativen Bereich wandert, sei unwahrscheinlich. Auch Banken müssen keinen höheren Strafzins auf ihre Einlagen bei der Notenbank - aktuell 0,75 Prozent - befürchten. "Die SNB hat nicht unbegrenzt die Möglichkeit, mit immer tieferen Zinsen Wechselkurspolitik zu betreiben", erklärte Thomas Stucki, Chefvolkswirt der St. Galler Kantonalbank. "Sie tut gut daran, die wenigen Pfeile, die sie noch im Köcher hat, nicht vorzeitig und unnötig zu verschießen."
Negativzinsen sind nicht unproblematisch für die Finanzindustrie des Landes. Zahlreiche Banken reichen den Strafzins inzwischen zumindest teilweise an ihre Großkunden weiter. Betroffen sind auch Schweizer Pensionsfonds und etwa Krankenkassen, denen laufend Geld zufließt, das sie nicht immer gleich anlegen können. Dazu kommt, dass die Renditen am Franken-Kapitalmarkt bis zu einer Laufzeit von mehr als zehn Jahren negativ sind. Pensionskassen und Versicherungen bekommen Probleme, mit ihren Anlagen Erträge zu erzielen. Zudem besteht die Gefahr, dass Anleger bei noch höheren Strafzinsen dazu übergehen, Bargeld zu halten.
Reuters